Bombenattentat in spanischem Dorf

Vich/Madrid (ap/dpa/taz) — Neun Menschen sind am Mittwoch abend in der katalanischen Stadt Vich bei einem Bombenattentat auf eine Wohnkaserne der paramilitärischen Polizeitruppe Guardia Civil getötet worden. Wie der Zivilgouverneur von Barcelona, Ferran Cardenal, am Donnerstag mitteilte, wurden 43 Personen verletzt, davon fünf schwer. Bei den Rettungsarbeiten gab es noch einen tödlichen Verkehrsunfall: Ein Polizist starb, weil er von einem Krankenwagen überrollt worden war.

Unter den Toten sind fünf Kinder und Jugendliche zwischen acht und siebzehn Jahren. Drei kleine Mädchen wurden von der in einem Auto versteckten und offenbar ferngezündeten Siebzig-Kilo-Bombe aus Plastiksprengstoff im Innenhof des Gebäudes beim Spielen zerrissen. Die übrigen Todesopfer sind zwei Polizisten sowie zwei Frauen. Zwei Babys überlebten den Anschlag. Sie wurden nahezu unversehrt aus den Trümmern des völlig zerstörten dreistöckigen Gebäudes geborgen.

Die ETA hatte sich bis gestern nachmittag nicht zu dem Blutbad bekannt. Dennoch geht das spanische Innenministerium davon aus, daß das Attentat vom ETA-Kommando „Barcelona“ verübt wurde. Auch der Befehlshaber der gewöhnlich gut informierten Guardia Civil, Luis Roldan, sagte gestern, er sei überzeugt, daß die baskische Separatistenorganisation ETA hinter dem Anschlag stehe. Das Bombenattentat sollte offenbar gleich zwei Ziele treffen: den Sicherheitsapparat und die Olympischen Spiele, die 1992 in Barcelona stattfinden. Die Kleinstadt Vich, 70 Kilometer nördlich von Barcelona, ist ein olympischer Austragungsort. Der Gemeinderat von Vich ordnete zwei Tage Trauer an.

Katalonien gehört seit 1986, als Barcelona zur Olympia-Stadt nominiert wurde, verstärkt zu den Zielen der ETA. In Barcelona beging die Organisation, die seit 25 Jahren um die Unabhängigkeit des Baskenlands kämpft, auch das schwerste Attentat ihrer Geschichte. Am 19. Juni 1987 wurden im Supermarkt „Hipercor“ 21 Menschen getötet. Sechs Polizisten kamen am 8. Dezember 1990 in Sabadell ums Leben. Das schwerste Attentat auf eine Polizei-Wohnkaserne verübten die Terroristen in Saragossa. Dabei starben am 11. Dezember 1987 zwölf Menschen, darunter fünf Kinder.

Der blutige Anschlag löste in der spanischen Öffentlichkeit Bestürzung aus. Die Sprecherin der sozialistischen Regierung, Rosa Conde, sprach in Madrid von einem „schmerzlichen Augenblick für alle Spanier“. Noch so scharfe Sicherheitsvorkehrungen könnten aber gegen „blutrünstige Terroristen ohne Prinzipien“ nichts ausrichten, so Conde. Der baskische Regionalregierungschef José Antonio Ardanza nannte die Tat ein „bestialisches Massaker“.