Daimler überholt Senat auf der Busspur

■ Daimler, Lufthansa und Reichsbahn mahnen Verkehrskonzept an/ BVG soll ausgebaut werden/ Neuer Großflughafen im Süden Berlins verlangt

Berlin. Deutschlands Autokonzern Nummer eins, Daimler Benz, scheint den schwarz-roten Senat in Sachen Verkehrspolitik mit der BVG auf der Busspur überholen zu wollen. Um den kurz- und mittelfristigen Handlungsbedarf für die Infrastruktur zu decken, haben sich gestern die Daimler-Benz AG, die Deutsche Lufthansa AG und die Deutsche Reichsbahn gemeinsam für eine Stärkung des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) ausgesprochen und »jetzt eine Entscheidung zu verkehrslenkenden Maßnahmen« eingefordert, »um notwendige Schritte einleiten zu können«. Damit meinen die Verkehrsmultis wunderlicherweise die Abschaffung des kostenlosen Parkens in Kernbereichen, Reservierung von Fahrbahnrandparkplätzen für den Lieferverkehr und die Anlegung weiterer P&R- Plätze — Maßnahmen, zu denen sich der schwarz-rote Senat bis jetzt nicht durchringen konnte.

Weitere Vorschläge betreffen eine schnellere und attraktivere Verbindung zwischen der City-West (Zoo) und der City-Ost (Alexanderplatz), die mit Expressbussen und Busspuren erreicht werden könnte. Die Ausbauarbeiten des S-Bahn- Südringes seien »erheblich zu beschleunigen«. Wesentliche Teile des Berufspendlerverkehrs müßten auf den ÖPNV verlagert werden. Nach den Vorschlägen der Konzerne sollte auch das Umland durch Regionalbuslinien besser an die einzelnen Subzentren innerhalb Berlins angebunden werden.

Freilich resultiert die Entdeckung des Nahverkers durch Daimler-Benz nicht aus der Angst vor dem bevorstehenden Verkehrskollaps, sondern vielmehr daraus, daß Daimler eben Busse und die Tochter AEG Waggons herstellt. Auch auf den Ausbau der Stadtautobahn in Ost- und West- Berlin darf nach Meinung der Konzerne natürlich nicht verzichtet werden.

Der Ausbau des ÖPNV wird allerdings erhebliche Anstrengungen erfordern. Der öffentliche Nahverkehr müßte um 25 Prozent erweitert werden, um lediglich zehn Prozent des Autoverkehrs kompensieren zu können.

Die Lufthansa-Consulting macht sich in dem gleichen Konzept noch einmal stark für einen Interkontentinentalflughafen im Süden Berlins. Mit einer mehr oder weniger plausiblen »Studie« versucht die Lufthansa deutlich zu machen, daß ein neuer Großflughafen die einzige langfristige Lösung darstelle. Aus okönomischer und ökologischer Sicht böten die drei Flughäfen Tegel, Tempelhof und Schönefeld — trotz Ausbaus — keine Alternative. Vor allem forderte Lufthansa-Vorständler Adrian von Dörnberg Planungssicherheit. »Wir müssen sicher sein, daß unsere Investitionen von heute nicht morgen schon Makulatur sind.« lada