SONNTAG: Entscheidung vor Morgengrauen / Jenseits von Afrika / Protocol - alles tanzt nach meiner Pfeife / Divine Madness

ENTSCHEIDUNG

VOR MORGENGRAUEN

Die Erinnerung an den Krieg war noch frisch, als Anatole Litvak 1951 mit der Arbeit an dieser doppelbödigen Spionagegeschichte begann. Der Emigrant jüdisch-sowjetischer Abstammung, der lange für die Ufa gearbeitet hatte, war vor den Nazis zunächst nach England und Frankreich und später in die USA geflohen. Er hatte die amerikanische Staatsbürgerschaft angenommen und war mit den US-Truppen nach Europa zurückgekehrt. Somit konnte er eigene Erfahrungen einbringen, als er George Howes Roman Call it Treason an europäischen Originalschauplätzen in Szene setzte. Behilflich waren ihm dabei weitere Emigranten, etwa Carl Zuckmayer, der die Dialoge verfaßte. Vor der Kamera standen Oskar Werner, Hildegard Knef, Richard Basehart, O.E. Hasse, Hans Christian Blech und der junge Kinski. Litvaks Filmdrama eröffnet eine Reihe von „Trümmerfilmen“, die kurz nach dem Zweiten Weltkrieg in Italien oder Deutschland gedreht wurden und die zerstörten Städte als „natürliche“ Kulissen nutzten. Die nächsten Filme der Reihe: Roberto Rosselinis Paisa (7. Juni, 22.30 Uhr) und Gerhard Lamprechts Irgendwo in Berlin (9. Juni, 14.45 Uhr).(West 3, 14.45 Uhr)

JENSEITS VON AFRIKA

Mit Meryl Streep — „ein Gesicht wie Omelett ohne Eier“ (Herr Dittmeyer) — und dem aktentascheneldergesichtigen Robert Redford — „das nackte Grauen bleckt seine Zähne“ (dito) — holte sich Regisseur/Produzent Sydney Pollack zwei der profiliertesten Horrorfilmstars vor der Kamera. Staunen macht die frühe Sendezeit, zu der gewiß noch Minderjährige vor der TV-Kommode hocken, für die „ein solcher Schocker nun wirklich nicht geeignet erscheint“ (Aktion sauberer Bildschirm).(Länderkette, 20 Uhr)

PROTOCOL — ALLES

TANZT NACH MEINER PFEIFE

Sunny Davis macht ihrem Vornamen alle Ehre. Mit der gleichen Unbeschwertheit, mit der sie die Gäste einer Cocktailbar bedient, verhindert sie ein Attentat gegen den Emir von Ohtar. Der zeigt Interesse an der pfiffigen Blondine, welche sich deshalb unversehens in den diplomatischen Dienst befördert sieht. Doch auch wenn Sunny über ein sonniges Gemüt verfügt, kann man nicht alles mit ihr machen. Das bekommen einige Herrschaften leidvoll zu spüren... Der Untertitel Alles tanzt nach meine Pfeife paßt sehr gut auch auf die Hauptdarstellerin Goldie Hawn, wie überhaupt der Plot dieser Komödie sehr viel mit der mittlerweile 45jährigen Schauspielerin zu tun zu haben scheint. Die Rolle des naiven Blondchens klebt an ihr, seit den 60er als Go-Go-Girl den Choreographen Joe Piro in seinen Bemühungen unterstützte, den Damen der Gesellschaft die aktuellen Modetänze beizubringen. Der Typ des kichernden Dummchens im Minikleid blieb ihr einige Zeit erhalten, ehe sie sich als Charakterschauspielerin etablieren konnte. Daß sie seit 1980 Mitinhaberin einer Produktionsgesellschaft ist und viele ihrer jüngeren Erfolge selbst produziert hat, ist ein Beleg dafür, wie sehr im Falle Hawn Image und wahre Persönlichkeit auseinanderklaffen. Auch bei Protocol fungierte sie als ausführende Produzentin, weshalb das Team und Kollegen wie Cliff de Young, Ed Begley jr. und Chris Sarandon nach ihrer Pfeife zu tanzen hatten.(SAT.1, 20 Uhr)

DIVINE MADNESS

Ehe sie in Diensten des Disney-Ablegers Touchstone Pictures gemäßigtere Töne anschlug, war Bette Midler die Königin der Camp-Kultur. Ihr Reich umfaßte Schwulensaunen und Clubs, von denen ein anständiges Mädchen noch nichts gehört hat, geschweige denn, daß es sich dort blicken läßt. Bette aber rekrutierte dort ein treues Publikum, das sich von ihren Programmen aus Chansons, 40er-Jahre-Schlagern, Rockkabarett, Parodien und ferkeligen Witzen nur zu gern unterhalten ließ. Auch nachdem sie bereits die Broadway- Bühnen erobert hatte, bewies sie weiterhin eine gesunde Einstellung zur Zote. Divine Madness hieß eine ihrer Erfolgsrevuen, die der Regisseur Michael Ritchie 1980 im Film festhielt.(Pro 7, 0.35 Uhr)