Gibt Robert Gallo auf?

■ Der amerikanische Forscher gibt seinen Anspruch auf die Entdeckung des Aids-Virus auf

New York/Paris (taz/afp/dpa) — Gallos Virus oder Montagniers Virus? So heißt die Millionen-Dollar- Frage, die seit Beginn der Aids- Forschung Anfang der 80er Jahre die Fachwelt in Atem hält. Denn immer noch ist umstritten, welcher Professor sich den Titel „Erfinder des HIV-Virus“ ans Revers heften darf — der Amerikaner Robert Gallo vom National Institute of Health (NIH) oder der Franzose Luc Montagnier vom Pasteur-Institut. Jetzt hat ein brisanter Brief aus Amerika den Streit neu belebt. In dem Schreiben an das britische Wissenschaftsmagazin 'Nature‘ räumt Gallo ein, daß nicht er, sondern sein französischer Kontrahent das Virus entdeckt habe.

Das Virus, das er 1984 als Ursache der Immunschwächekrankheit ausgemacht hatte, sei aus dem Pasteur-Institut in Paris gekommen und dort bereits ein Jahr zuvor identifiziert worden, schreibt Gallo in seinem Geständnis. In dem am Donnerstag in London veröffentlichten Brief macht er einen Fehler in seinem Laboratorium dafür verantwortlich, daß er die Entdeckung des Virus für sich reklamiert habe.

Die Probe mit dem Erreger war ihm im September 1983 vom Pasteur-Institut zugesandt worden. Mit Hilfe dieses Virus hatte Gallo später auch den ersten Aids-Test entwickelt.

Das Pasteur-Institut hatte Gallo bereits 1985 mit der Begründung verklagt, er habe „seinen“ Virus von Montagnier „erhalten“. Das Verfahren wurde zwei Jahre später außergerichtlich beigelegt. Das Pasteur-Institut und das NIH einigten sich darauf, die Einkünfte aus der Vermarktung des Aids-Tests zu teilen.

Beigelegt ist der Disput damit freilich noch nicht. Kenner Gallos halten es für sehr unwahrscheinlich, daß ausgerechnet dieser eitle Wissenschaftler ein derartiges Geständnis ablegen würde. Gallos Reaktion auf die 'Nature‘-Veröffentlichung ließ denn auch nicht lange auf sich warten. Gestern erklärte er, daß der Brief nicht aus seiner Feder stamme. Das Ganze sei eine französische Hetzkampagne. dora