Werder entschädigt Fans mit Niederlage

■ Freuden-Aufstand in der Provinz: Lautern ist Meister!

Rot und grün-weiß feiern den 1. FC KaiserslauternFoto: AP

Samstag, kurz vor Mitternacht im Bremer Steintorviertel: Ein heftig angeschlagener Mann, von Kopf bis Fuß eingekleidet in schmuckes Grün-Weiß, torkelt über den Bürgersteig und stößt ein ums andere Mal die Tageslosung der Bremer Fußballfans zwischen den Lippen hervor: „Deutscher Meister wird nur der FCK, nur der FCK, nur ...“. (s.S.16) Rund sechs Stunden zuvor hatten sich mit ihm tausende Fans auf dem Rasen des Weserstadions getollt, und Kaiserslauterns Spieler mittenmang, hatten sich von roten wie grün-weißen Fans bejubeln lassen. Volksfest im Bremer Weserstadion, das Ereignis einer im großen und ganzen ereignisarmen Bundesligasaison im Bremer Weserstadion.

Denn mit Ausnahme des großen Pokalsiegs gegen Eintracht Frankfurt und zwei, drei überdurchschnittlicher Bundesligasiegen haben die Bremer ihrem Anhang in der Saison 90/91 wenig zu bieten gehabt. In den vergangenen Monaten entwickelten sich Rehhagels Kicker zu Fußball-Minimalisten, die noch zufrieden sein konnten, wenn sie gegen Vereine wie Wattenscheid, Karlsruhe oder Leverkusen mal gerade noch ein schlappes Unentschieden erreichten. Die Folge: Die Stimmung im halbleeren Weserstadion bewegte sich in aller Regel zwischen 1,5 und 2 auf der nach oben offenen Begeisterungsskale.

Anders am Samstag: Da hatten die Bremer Fans schon vor Wochen die Vorverkausfsbuden gestürmt, in der irrigen Annahme, daß vielleicht auch ihre Mannschaft an diesem Tage einen vorentscheidenden Schritt in Richtung Meisterschaft tun könnten. Da daraus nun defintiv nichts mehr werden konnte, gab es eigentlich nur noch zwei Erwartungen: Erstens ein nettes Fußballspiel zu sehen und zweitens, möglicherweise, der Inthronisation der neuen Fußballkönige aus der Pfalz beizuwohnen. Für eine solide Stimmungs-Grundlage sorgten die 22 auf dem Rasen. Anders als in den Vorwochen, als Werder mit harmloser „kontrollierte Offensive“ vergeblich gegen mauernde Kellerkinder angerannt war, ging es flott hin und her. Und wenn die Teams vor Beginn ihre Torhüter Reck und Ehrmann ausgetauscht hätten, hätten die Bremer mit hoher Wahrscheinlichkeit mit drei bis vier Toren in Vorsprung gelegen. Nach einer Stunde aber ging es im Weserstadion nur noch um eins: Wer wird Deutscher Meister: Bayern oder der FCK? Die Antwort aus beiden Fankurven, nachdem die Anzeigentafel den Niedergang der Bayern in Wattenscheid dokumentierte und Schupp dem Werder-Kicker das 2:1 ins Netz gerollt hatte: „Deutscher Meister wird nur der FCK, nur der FCK, nur...“

Daß es nicht nur die langjährige Freunschaft der Lauterer und Bremer war, die zur großen Verbrüderung auf dem Rasen führte, wußte danach Kaiserslauterns Coach Kalli Feldkamp: Es war die gemeinsame Erfahrung mit den großmäuligen Geldhaien aus München: „So wie uns haben die Bayern Bremen damals als Provinz abgestempelt.“

Die Bremer allerdings müseen nun in den letzten beiden Spielen aufpassen, daß sie nicht endgültig zur Fußballprovinz werden. Denn noch zwei Niederlagen und ein verlorenes Pokalfinale und die Rehhagel-Kicker stehen auch in dieser Saison ohne Platz im internationalen Wettbewerb da. hbk