Überfälle auf Homos häufen sich

■ Jeden Tag mindestens ein homosexuelles Opfer von Gewalt/ Dunkelziffer liegt bei 80 Prozent/ Die meisten Opfer schrecken vor einer Anzeige zurück

Berlin. Täglich wird mindestens ein Homosexueller Opfer eines gewaltsamen Übergriffs. Nach Angaben der Deutschen Aids-Hilfe (DAH) ist es seit der politischen Wende in der DDR zu einer Häufung gewaltsamer Angriffe auf Homosexuelle beiderlei Geschlechts gekommen. Pro Tag melde das schwule Überfalltelefon mindestens einen Anruf eines Gewaltopfers in Berlin, die geschätzte Dunkelziffer liegt bei achtzig Prozent.

Häufig, so hieß es gestern beim schwulen Überfalltelefon, handele es sich dabei um Überfälle in Klappen, aber auch in der U-Bahn oder auf offener Straße. Das Spektrum reiche von verbalen Pöbeleien bis hin zu körperlichen Angriffen — das sogenannte »Schwulenklatschen«. Skinheads, Hooligans, Rechtsradikale, aber auch Banden deutscher und türkischer Jugendlicher, so die Deutsche Aids-Hilfe, würden bei ihren Übergriffen zunehmend brutaler und schreckten nicht mehr vor dem Griff zum Messer oder zur CS-Reizgas-Pistole zurück. Die meisten der Opfer gehen jedoch nicht zur Polizei, da sie aufgrund ihres Schwulseins auch von dort Repressionen befürchten.

Es habe sich aber gezeigt, daß die Täter meist sehr perplex reagieren, wenn sich die Schwulen während des Übergriffs zur Wehr setzen, beispielsweise in der Klappe eine Trillerpfeife aus der Tasche ziehen und Alarm geben. Viele der Angreifer, so die Erfahrung von Hauptkommissar Heinz Uth, der für den Bereich »Gleichgeschlechtliche Lebensweisen« bei der Polizei zuständig ist, sehen in den Homosexuellen ideale Opfer, weil sie diese für hilflos und schwach halten. Die wenigsten rechnen mit aktiver Gegenwehr.

Aufgrund der sich häufenden Überfälle, so ein Mitarbeiter des schwulen Überfalltelefons, sei die Bereitschaft, sich zu wehren, größer geworden. Aufgrund der jüngsten Überfälle Rechtsradikaler auf Veranstaltungen von Homosexuellen ist laut der Deutschen Aids-Hilfe für den kommenden Freitag eine Demonstration in die »östlichen Hochburgen der neofaschistischen Szene und der Skins« geplant. maz