Neue Busnummern — eine Wissenschaft für sich

■ Von 134 Bussen in ganz Berlin haben 133 eine neue Nummer/ Chaos vorprogrammiert: Versprochene Drehscheiben und Info-Material fehlen

Berlin. Ein ganzes Jahr lang haben die Berliner und Brandenburger Verkehrsexperten gebrütet — seit gestern kann sich das einfache Volk mit der Busumbenennung praktisch auseinandersetzen. »Wie soll ich mir die neuen Nummern merken«, maulte ein Berliner am Kurfüstendamm, »wenn ich schon die alten nicht kapiert habe.« Diese Durchblicker allerdings werden am wenigsten Schwierigkeiten haben, sich zurechtzufinden. Für eine Übergangszeit helfen Info-Beamte der Verkehrsbetriebe an allen Umsteigestellen mit Rat weiter. An fortgeschrittene Busbenutzer werden sogar Merkblätter verteilt. Schwierigkeiten allerdings auch hier.

Am Bahnhof Zoologischer Garten waren die Informationsbroschüren gestern nachmittag schon vergriffen und die angekündigten »Drehscheiben« erst gar nicht angeliefert worden. Nicht ein Busbenutzer, den die taz gestern fragte, hatte je so ein Wunderding gesehen. Dabei soll die Orientierung, sofern man im Besitz dieser diskettengroßen Scheibe ist, ein Kinderspiel sein. Die alte Busnummer wird an einem Guckloch eingestellt, auf einem anderen erscheint dann die neue Bezeichnung mit Anfangs- und Endstation.

Zu bemitleiden sind seit gestern die Tausenden von drehscheibenlosen Busbenutzern, die sich seit Jahren an ihre Nummern gewöhnt hatten und denen jetzt ein Großer Gelber mit einer völlig fremden Nummer vor die Füße rollt. 153 Buslinien erhielten neue dreistellige Nummern, nur der Bus Nummer 100 vom Zoo zum Alexanderplatz blieb, was er war. Hier hat sich nur die Wegführung rund um den Reichstag verändert.

Das neue System ist eine Wissenschaft für sich. »Ich bemühe mich erst gar nicht durchzublicken«, meinte eine Seniorin fatalistisch »wenn ich falsch gefahren bin, steige ich eben um.« Nur bei knapp der Hälfte aller Umbenennungen ist die Logik auf den ersten Blick nachvollziehbar.

Busse, die früher jeweils nur im Ost- oder Westteil herumkurvten und deren Linienführung unverändert bleibt, haben in der Regel nur neue Anfangsziffern erhalten. Wer sich also bisher in den Bus Nr. 19 oder Nr. 50 quetschte, drängelt sich seit gestern in den Bus Nr. 119 oder Nr. 150. Aber verlassen kann man sich auf dieses System auch nicht. Der 94er von der Heerstraße zum Zoo ist nicht zum 194er geworden, sondern legasthenikerfreundlich zum 149er.

Völlig unübersichtlich hingegen wird die Buseinsteigerei, wenn die alten Ost- und Westlinien zusammengewachsen sind, die Endbahnhöfe sich an weiterführenden U- oder S-Bahnlinien befinden oder neue Busnummern erfunden werden mußten, um alte Doppelungen auszuschließen. Da ist dann schon ein 60er zum 249er oder ein 74er zum 204er geworden. Alles klar? aku