Eiserne Frauen verweigern den Sprung ins kalte Wasser

■ Der 1. Berliner Triathlon ganz ohne männliche Helden und der kühlen Temperatur wegen auch ohne Schwimmen: 70 Frauen mit „Biß“ beschränkten sich weise auf Fahrradfahren und Laufen in Wandlitz

Wenig begeistert waren Frauen bisher, wenn es um Triathlon, einem Dreikampf bestehend aus Schwimmen, Laufen und Radfahren, ging. Die fortdauernde Abstinenz der Sportlerinnen bereitete dem Berliner Triathlon-Verband einiges Kopfzerbrechen, und so führte er eine Umfrage unter sportinteressierten Frauen durch, welches denn die Gründe wären für ihr Fernbleiben von der „Krone des Ausdauersports“.

Fast zwei Jahre dauerte die Auswertung (so schlimm waren die Kopfschmerzen denn auch nicht...), doch jetzt liegt es schwarz auf weiß auf dem Tisch: zu lange Distanzen, zu viel männliche Konkurrenz, zu teuer. Aus dem kaum überraschenden Ergebnis der Umfrage zog Gerd Schmidl, Präsident des Berliner Triathlon-Vereins „SISU“ (schwedisch: Biß) als erster die Konsequenzen und organisierte, was längst fällig war: den ersten Berliner Frauentriathlon mit verkürzten Distanzen (600 m Schwimmen, 17 km Radfahren und 4,2 km Laufen) und erträglichem Startgeld.

Einem breiten Feld von Frauen den Weg zum Triathlon zu öffnen sei vorrangiges Ziel dieser Veranstaltung, erklärte Schmidl. Und war mit der Resonanz zufrieden: 70 Frauen aus dem Raum Berlin gingen am Samstag in Wandlitz am Liepnitzsee an den Start, der überwiegende Teil von ihnen zwar sportlich engagiert und im Verein organisiert, doch ohne Erfahrung im Triathlon-Wettkampf. Die Bedenken vieler Sportlerinnen, daß der Dreikampf auch dreifachen Trainingsaufwand und dreifache Fitneß erfordere, konnten jedenfalls zerstreut werden: „Ich hab's mir schlimmer vorgestellt!“ war nachher die einhellige Meinung.

Überzeugt ist Schmidl, daß vor allem das anhaltend schlechte Wetter eine größere Zahl von Frauen von der Teilnahme abgehalten hatte, denn die Wassertemperatur lud nicht gerade zum Schwimmen ein. So fiel das Schwimmen dem widrigen Wetter zum Opfer: Die Mehrheit der Teilnehmerinnen lehnte nach demokratischer Abstimmung am Morgen des Wettkampfes den Sprung ins 13 Grad kalte Wasser ab — eine vernünftige Entscheidung, für die so manchem männlichen Triathleten bei ähnlicher Gelegenheit die Einsicht mangelte: Mit Schrecken erinnert man sich der Triathlon-EM 1984, als nach dem Schwimmen fast die Hälfte der „Eisenmänner“ den Wettkampf vorzeitig und starr vor Kälte in den Sanitäterzelten beendete.

So wurde aus dem Triathlon spontan ein Biathlon, run and bike war den meisten genug, und wer es , wie eine Athletin, tatsächlich „noch wissen wollte, denn schließlich sollte das mein erster Triathlon sein“, der konnte ja anschließend noch konkurrenzlos dem Kältebad frönen. „Eine sehr faire und angenehme Atmosphäre“, lobten die Teilnehmerinnen einstimmig den Wettkampf, und der Tagessiegerin Uta Strauß aus Marzahn, die schon vor Jahren den Sport für sich entdeckt hatte, hat es „wesentlich mehr Spaß“ gemacht, nur unter Frauen zu starten. „Von Männern wird man doch öfter geschnitten beim Radfahren, und es ist schön, mal absolut vorne zu sein.“ Bemerkenswerterweise waren es gerade die erfahrenen Triathletinnen, die sich über die fehlende Männerkonkurrenz freuten; den meisten „Anfängerinnen“ war es „eigentlich egal, ob Männer dabei sind“.

Handelt es sich tatsächlich um einen Erfahrungswert und nicht um ein Vorurteil, wenn Frauen gemeinsamen Wettkampfsport mit Männern ablehnen? Gelegentlich fallen wohl Rücksicht und Bedachtsamkeit dem eigenen Ehrgeiz zum Opfer; die Verfehlungen dieser schwarzen Schafe gnadenlos zu ahnden und im übrigen die Veranstalter von Wettkämpfen zu veranlassen, Leistungen unabhängig vom Geschlecht in gleicher Weise zu würdigen, wäre ein weiterer, längst überfälliger Schritt, den Sport für Frauen attraktiver zu machen. Ein Frauentriathlon „mit menschlichem Anlitz“, wie eine Teilnehmerin die Veranstaltung bezeichnete, ist immerhin ein Anfang und steht in angenehmem Kontrast zur fortschreitenden Professionalisierung des Sports. Daniela Hutsch