Kaum neue Mietwohnungen

■ Wohnungsbauprogramm des Senats schafft bis 2000 vor allem Eigenheime

Bei der Gewoba, Bremens größtem Vermieter, geht so gut wie nichts mehr. 6.500 Interessenten haben sich in die Wartelisten einschreiben lassen. Frei werden pro Monat aber nur 200 bis 250 Wohnungen. „Das ist unglaublich frustrierend für alle Beteiligten“, weiß Gewoba-Chef Eberhard Kulenkampff. Was die Lage noch verschärft: Fast die Hälfte der Wohnungssuchenden verfügt monatlich nicht einmal über 1.000 Mark, und Wohnungen mit einer Kaltmiete von 450 Markt sind erst recht Mangelware.

Das Problem, das Kulenkampff gestern der Presse vortrug, soll mit einem Wohnungbauprogramm bis ins Jahr 2000 angegangen werden, das Bausenator Konrad Kunick und ein von ihm eingesetzter Gutachter gestern im Detail vortrugen. Die Zielzahl ist bekannt: 16.300 Wohnungen will der Senat bis zum Ende dieses Jahrzentes geschaffen haben. Diesen Bedarf haben die Gutachter von Gewos durch die Analyse von umfangreichem Zahlenmaterial seit Juli 1989 ausgerechnet. Verantwortlich für dem eklatanten Mangel sind danach nur zu einem geringen Teil die Aus- und Übersiedler.

Viel mehr Bedeutung haben die gestiegenen Ansprüche der BremerInnen an ihre Wohnung. In der Prognose heißt das: Obwohl die Zahl der BremerInnen bis in das Jahr 2000 um 10.000 sinken wird, wird die Zahl der Haushalte um 12.700 steigen. Die Ursachen: Die weiter steigende Zahl der Singles und ein höherer Wohnflächenbedarf, der von heute 36 auf 39 Quadratmeter im Jahr 2000 zunehmen wird.

Der Senat will den Wohnungsbau, so wurde es am 15. Mai beschlossen, mit einem Bündel von Förderungsmaßnahmen ankurbeln. So sollen bis zum Jahr 2000 schließlich 9.200 Miet- und 7.100 Eigentumswohnungen gebaut werden. Doch dieses Zahlen- Verhältnis täuscht. In der Summe wird die Zahl der neuen Eigentumswohnungen die Mietwohnungen bei weitem übersteigen. Denn im gleichen Zeitraum werden etwa 7.000 Miet- zu Eigentumswohnungen umgewandelt werden. Die Folge zeigt sich in einer Grafik: Der Index der Mietwohnungen stagniert bis zum Jahr 2000 in etwa beim Index 100.

Auch die prognostizierte Entwicklung der Mieten wird Gewoba-Chef Kulenkampff bei der Bewältigung seiner Probleme kaum helfen. Während die durchschnittliche Mietbelastung der Haushalte insgesamt in etwa konstant bleibt, werden die Niedrigverdiener stärker getroffen unter anderem auch, weil sich die Entlastung durch Wohngeld um mehr als die Hälfte verringert. Deshalb wurde gestern die Forderung an den Bund erneuert, Wohnungsbau nicht nur als Aufgabe für den Osten Deutschlands zu begreifen. Kulenkampff: „Wenn der Bund nicht fördert, verschärfen sich die Bedingungen für die Geringverdienenden bis jenseits des Vorstellbaren.“ hbk