Härtefallkommission auf Eis gelegt

■ Die Errungenschaft rot-grüner Ausländerpolitik wird unter Rot-Schwarz nicht fortgeführt/ Zwölf Ausweisungsfälle werden derzeit nicht behandelt

Berlin. Einen der Eckpfeiler der alten rot-grünen Ausländerpolitik, die bei der Innenverwaltung angesiedelte Härtefallkommission, gibt es praktisch nicht mehr. Der neue CDU/SPD-Senat hatte sich zwar in der Koalitionsvereinbarung auf den Satz geeinigt, »eine unabhängige Kommission kann nützlich sein«, um schwierige Ausweisungsfälle zu überprüfen. Seit dem Regierungswechsel wurde die Kommission jedoch kein einziges Mal einberufen. Damit wird ein letzter Rettungsanker für Flüchtlinge, deren Abschiebung rechtlich und behördlich bereits beschlossene Sache ist, abgeschafft. Bislang war es der aus VertreterInnen von Kirche und Flüchtlingsgruppen zusammengesetzten Kommission möglich, dem Innensenator eine Empfehlung in solchen Fällen auszusprechen. Von den 32 Anträgen, die die Härtefallkommission im vergangenen Jahr überprüfte, wurden die meisten positiv entschieden. Mindestens 12 Fälle aber, die unter dem rot- grünen Senat 1990 aus Termingründen nicht abschließend behandelt werden konnten, liegen derzeit noch auf Eis. Jetzt ist zu befürchten, daß diese Menschen, vorwiegend Kurden aus der Türkei und Roma aus Jugoslawien, ohne Prüfung ihrer Schicksale abgeschoben werden.

Eine politische Entscheidung, die außerparlamentarische Kommission tatsächlich weiterzuführen, fehlt bis heute, ein Beschluß, die Kommission abzuschaffen, ebenfalls. Innensenator Heckelmanns Strategie, die Härtefallkommission durch Nichtbefassung zu erledigen, empfinden die Kommissionsmitglieder als »Affront« und »entwürdigend für alle Hilfesuchenden«. Auf einer Pressekonferenz berichteten gestern die Vertreter der evangelischen und katholischen Kirche, des Flüchtlingsrates sowie des Arbeitskreises »Asyl in der Kirche« über den von Heckelmann praktizierten Tod auf Raten. Eine für Ende Januar einberufene Sitzung, auf der eine neue Verfahrensordnung beschlossen werden sollte, sei vom Innensenator ohne Begründung und ohne neuen Terminvorschlag kurzfristig abgesagt worden. Die vielen fragenden Schreiben der Kirchen und des Flüchtlingsrates seien sämtlich unbeantwortet geblieben, auch die Bitte um ein persönliches Gespräch sei Mitte Mai ignoriert worden.

Die Kommissionsmitglieder, Pfarrer Quandt, Jesuitenpater Herbeck, Gefängnispfarrer Mundt sowie Traudl Vorbrodt vom Flüchtlingsrat, sind »empört, wie hier mit mündigen Bürgern umgegangen wird«. Daß die Kooperation mit dem Hause Heckelmann sehr zu wünschen übrigläßt, meinte auch der SPD-Sprecher im Ausländerausschuß des Abgeordnetenhauses, Eckehardt Barthel. Eine kleine Anfrage über die Weiterexistenz der Härtefallkommission stehe zur Beantwortung aus. Eine Stellungnahme des Innensenats war gestern bis Redaktionsschluß nicht zu erhalten. aku