Grausame Absurdität

■ Betr.: "Rechtsradikale überfallen Party von Homos", taz vom 27.5.91

betr.: „Rechtsradikale

überfallen Party von Homos“,

taz vom 27.5.91

Richtig zynisch und bitter ironisch, aber auch treffend wird die Überschrift dann, wenn man „Homos“ nicht nur als Abkürzung für Homosexuelle liest, sondern vom Lateinischen übersetzt. „Rechtsradikale überfallen Party von Menschen“, heißt es dann. Darin steckt als die grausame Absurdität dieser Tat:

—die Homosexuellen abgegrenzt — diesmal nicht ausgegrenzt, sondern als Menschen klassifiziert in Abgrenzung zu den Rechtsradikalen, deren Verhalten man wahrhaft als unmenschlich bezeichnen kann;

—die Rechtsradikalen, die scheinbar mit ihrem eigenen Dasein, ihrem Selbst und damit auch ihrer Sexualität nicht auskommen, lassen ihre Frustrationen an Menschen aus, an Menschen, die trotz staatlicher und vor allem gesellschaftlicher Repression ihre Neigung und ihr Leben ausleben. Sie attackieren Menschen, die in einigen Punkten glücklicher zu sein scheinen als diese, und lassen nichts an ihnen aus als blinde Wut auf ihr eigenes verpfuschtes Leben.

Ich will keine Lanze für Rechtsradikalismus brechen, auch und schon gar nicht im Sinne eines begütigenden Kirchenvaters, der seine Schäflein ja nur der schwarzen, sündendurchzogenen Gesellschaft (Homosexuelle! Iiiih!) ausgeliefert sieht. Aber bei den Betrachtungen dieser Aggression kann ich diese Gewalttäter(Innen?) nicht mehr als solche Menschen betrachten, die für das, was sie tun, voll verantwortlich gelten können. Obwohl sie es sind. Sebastian Lovens, Duisburg