Fahrt durch die Wüste

■ Kohl schiebt Wahldebakel auf Wähler und Medien ab/ Grüne reagieren überrascht auf Hamburger Erfolg

„Es ist eine Durststrecke“, „die Durststrecke ist schwierig für uns“, „die Durststrecke müssen wir überwinden“: Eisern hielt Helmut Kohl auch nach der für seine CDU katastrophalen Hamburgwahl an dem Wort fest, das den Weg zu jeglicher innerparteilichen Diskussion über den Zustand der Union verstellen soll.

Freilich: Erklären mochte oder konnte der CDU-Vorsitzende gestern in Bonn auch nicht, wie die Christdemokraten auf die Durststrecke geraten sind. In Hamburg, so Kohl zum „absolut unbefriedigenden Ergebnis“, sei es nicht gelungen, die Wählerschaft zu mobilisieren; die SPD habe in der Hansestadt von der erfolgreichen Wirtschafts- und Europapolitik der Bundesregierung profitiert...

Der Parteivorsitzende schrieb das schlechte Ergebnis vor allem den WählerInnen und den Medien zu: Den notwendigen „gewaltigen Umdenkungsprozessen“ wollten viele BürgerInnen noch nicht folgen. Und das Wahlergebnis sei schon im Voraus als feststehend dargestellt worden. Auch das von Teilen der FDP inszenierte Koalitionsgekrisel führte Kohl ins Feld. Daß die jüngsten Wahlschlappen mit dem Zustand der Bundes-CDU zusammenhängen könnten, davon wollte Kohl nichts wissen: „Unser Kurs ist absolut richtig. Ich denke nicht daran, irgend etwas zu ändern.“ Trotz bohrender Nachfragen gab sich Kohl gestern ungewöhnlich souverän — und rutschte dennoch aus: „Ich habe keinen Zweifel daran, daß wir die Chance haben, auf gute Landtagswahlen zurückzublicken in der vor uns liegenden Zeit.“

Von der Bonner Parteispitze der Grünen wurde das gute Abschneiden in Hamburg mit Überraschung aufgenommen. Das Wahlergebnis habe die Erwartungen übertroffen, gestanden die Vorstandssprecher Christine Weiske und Ludger Volmer. Das Resultat sei der „politische Lohn für die Konsolidierungen“ der Hamburger GAL. Frau Weiske betonte, es sei nach den monatelangen Auseinandersetzungen um so erfreulicher, daß die gefundene Lösung von den Wählern akzeptiert wurde. Die Bereitschaft, mit der SPD zu koalieren, sei die Grundlage, auf der sich die Gruppierungen in Hamburg wieder zusammengefunden hätten. Ludger Volmer wollte dies nicht als Erfolg der realpolitischen Strömung, sondern lediglich als ein spätes Nachvollziehen eines bereits in der Gesamtpartei vorhandenen Konsenses verstehen. Die Bereitschaft, grüne Politik in einer Koalition pragmatisch umzusetzen, ohne inhaltliche Abstriche zu machen, nannte Volmer ein erfolgreiches Konzept und fügte an: Die GAL werde künftig mit einer klaren Oppositionspolitik dafür sorgen, daß in Hamburg für Gruppierungen links von den Grünen kein Spielraum bleibe. taz Bonn