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USA: Kleines Hilfspaket für Moskau

■ Washington verzichtet weiterhin auf Handelsbeschränkungen gegen Sowjetunion

Washington (afp/taz) — Das Klinkenputzen sowjetischer Wirtschaftsberater in Washington sowie die eindringlichen Hilfsappelle aus Moskau zeigen offenbar Wirkung. US-Präsident George Bush verlängerte am Montag den weiteren Verzicht der USA auf Handelsbeschränkungen gegen die Sowjetunion um ein Jahr. Bush begründete die Maßnahme mit dem Abbau von Auswanderungsbeschränkungen von seiten der Sowjetunion, teilte Präsidentensprecher Marlin Fitzwater in Washington mit. In einem Schreiben habe der Präsident den Kongreß über die zeitweilige Außerkraftsetzung der Jackson- Vanik-Bestimmung informiert, nach der Länder ohne liberale Auswanderungspolitik von den USA wirtschaftlich sanktioniert werden. Der Kongreß muß diese Entscheidung jedoch noch billigen.

Offensichtlich will die Bush-Administration knapp sechs Wochen vor Beginn des Weltwirtschaftsgipfels in London ein kompaktes, wenn auch nicht allzu teures Hilfspaket für die von politischen und ökonomischen Krisen bedrängte Sowjetunion schnüren. Denn laut Fitzwater handelt es sich bei der Aussetzung der Jackson-Vanik-Regelung um eine erste Maßnahme zur Unterstützung der sowjetischen Reformen.

Diese öffnet Moskau die Tür zu weiteren Wirtschaftshilfen. Die Sowjetunion kann sich nun um Kredite des amerikanischen Landwirtschaftsministeriums und der Import- Export-Bank bemühen. Ende vergangener Woche hatte Bush auch angedeutet, eine sowjetische Kreditanfrage für 1,5 Milliarden Dollar befürworten zu wollen — allerdings mit der Einschränkung, diesen Kredit in drei Raten zu gewähren. Damit sollen Kritiker im eigenen Land besänftigt werden, die Finanzhilfen an die Sowjetunion für unsinnig halten, weil die Verwendung des Geldes nicht gewährleistet sei. Die 1,5 Milliarden Dollar sind für den Kauf amerikanischen Weizens bestimmt.

Nach dem anfänglich sehr reservierten Empfang sowjetischer Wirtschaftsberater in Washington in den letzten zwei Wochen signalisiert die Bush-Administration trotz deutlichen Widerstandes in den USA durchaus konkrete Hilfsbereitschaft. Quantitativ ist man im Weißen Haus von dem von sowjetischen Wirtschaftsexperten wie auch Harvard- Ökonomen errechneten Finanzbedarf der Sowjetunion allerdings noch weit entfernt.

Die Aussetzung des Jackson- Vanik-Gesetzes wird von Beobachtern zudem als ein Schritt zur Gewährung der Meistbegünstigungsklausel im beiderseitigen Handel angesehen, die einen Export von Waren in die USA zu Niedrigzöllen ermöglicht.

Darüber hinaus rechnet man in Washington damit, daß sich die Bush-Administration demnächst bei der Weltbank für eine assoziierte Mitgliedschaft der Sowjetunion einsetzen wird. anb

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