Bierabschlag, Bee Gees und Breminale

Wer es immer noch nicht weiß — seit gestern läuft die Breminale. Bisher etwas verregnet, okay, aber wozu gibt es Zelte?

Viel bedrohlicher als das Wetter erscheint da für das Weserwiesenfest am Sonnabend das gleichzeitig stattfindende Konzert der Bee Gees im Weserstadion.

Wir stellen uns vor: Knapp zehntausend BesucherInnen waten vorsichtig und leicht genervt durch den ausgelatschten Matsch, und kurz nach neun kommt es dann zur Begegnung der Massen. Wenn nur die Hälfte der etwa Vierzigtausend aus dem Weserstadion noch ein bißchen was erleben wollen und den Gang zum Osterdeich einschlagen, ist ein mittelschweres Chaos zu erwarten.

Frage Nummer eins: Wo lassen die Männer das viele Bier, das im Laufe des Abends die Blasen füllen wird? Frage Nummer zwei: Was werden die Frauen dazu sagen?

Eine gute Empfehlung, dieses ästhetische Problem zu umgehen, ist mit Sicherheit die palästinensische Gruppe Uschak El-Ard in der Schleuse. Auf deutsch heißen sie „Die Liebenden des Bodens“. Das orientalische Festival wird von den Bremern Iki Dünya und Aschchabad aus Turmenien fortgeführt. Nach Mitternacht sollte dann auch der Massen-Trubel vor dem Zelt vorüber sein.

Verpassen Sie am Freitag um 20 Uhr in der Schleuse nicht die Experimental-Formation The Blech, wenn Ihnen neue Hörerfahrungen Spaß machen. Tanzbar ist ihre Musik auf jeden Fall, Sie müssen allerdings auf die eine oder andere klangliche Überraschung gefaßt sein.

Für FreundInnen der gepflegten Bluesmusik gibt es eine feine Alternative im Kraftwerk. Ab 19 Uhr bietet das CrossCut-Festival des Bremer Label-Eigners Detlev Hoegen über fünf Stunden lang: John Mooney And The Bluesiana Band, Ronnie Earl And The Broadcasters feat. Sugar Ray, Albert Collins And The Icebreakers.

Heute abend ab 19 Uhr werden sich wieder einmal die beiden Bremer Perlen der unabhängigen Musik dem Publikum präsentieren. Das taz-gelobte Unternehmen Swim-Two-Birds verspricht kraftvolle Rhythmen und dichte Melodienbögen jenseits aller Stilrichtungen. S-T-B können nur noch besser werden.

Die anderen Local Heroes der Bremer Musikszene spielen um 22 Uhr an gleicher Stelle: Party Diktator aus der Wehrschloß-Szene holen dann aus zum Rundschlag gegen festgefügte Hörgewohnheiten. Die vier Herren Mathias, Popel, Ole und Nick waren gerade zu Studio-Aufnahmen in London und haben jetzt endlich nach ihrer Single weiteres verwertbares Material. Ihnen lediglich Punk-Attitüden zu unterstellen, zeugt von Unverstand. Das Spielvermögen und die beinahe manische Atmosphäre ihrer Auftritte machen jeden ihrer Auftritte zu einem Erlebnis. Und das erstaunt selbst den kritischen taz- Kritiker.

Die Bremer Independent Nacht wird von zwei weiteren heimischen Bands komplettiert. Mit Johnny Panic treten die Mit-Gewinner des RB-City-Beat- Wettbewerbs auf. Wer gradlinigen Rock mag und ausgelassen das Tanzbein schwingen möchte, ist bei ihnen auf dem richtigen Dampfer.

Den Abschluß des Abends bestreitet das multi-mediale, multi-tonale und multi-städtische Ensemble The Kitchen. Installationen, Performances, Videos und Musik heißen bei ihnen Musique Associative. Klingt spannend.

Jürgen Francke