Jedem sein Ossi!

■ Finanzsenator Pieroth und sein neuer Chauffeur

Er ist schon schwierig, der Umgang zwischen Ostlern und Westlern. Schön, daß uns immer wieder Menschen mit gutem Beispiel vorangehen. Ein solches Vorbild ist Elmar Pieroth von der CDU, unser Finanzsenator. In seinem eigentlichen Job ist er — vorsichtig gesagt — bisher nur mäßig erfolgreich. Bekanntlich konnte er in Bonn nicht die nötigen Milliarden für den Ostteil lockermachen. Die Westberliner müßten deshalb jetzt — sagte Pieroth gestern im parlamentarischen Hauptausschuß — sich einschränken und das Teilen lernen. Und mindestens 20.000 Senatsbedienstete müßten entlassen werden.

Wie engagiert sich Pieroth selbst ums Sparen und um Hilfe für den Osten bemüht, enthüllte SPD- Fraktionschef Ditmar Staffelt gleich nach Pieroths Appell. Der Finanzsenator hat seinen Chauffeur — nein, nicht entlassen, sondern in der Finanzverwaltung angestellt.

Nun ist das keine Sparmaßnahme im engeren Sinn des Wortes. Zumal alle anderen Senatoren ohne persönlichen Fahrer und mit dem Senatsfuhrpark durchaus auskommen. Der etwas engherzige Staffelt sah deshalb prompt Pieroths »Vorbildfunktion« in Gefahr. Aber der Finanzsenator konnte das mühelos zurechtrücken. Sein neuer Fahrer, das war nämlich sein alter Chauffeur, als der Finanzsenator noch Berater von DDR-Ministerpräsident de Maizière war. Und ehrlich entrüstet rief Pieroth aus: »Ich schick' doch meinen Ossi nicht weg, nur weil ich Senator geworden bin.«

Und Pieroth hat recht. Seinen Ossi einfach wegzuschicken, das ist eine Unsitte, die schnellstens beendet werden muß. Seinen Hund setzt schließlich auch niemand einfach vor die Tür. Und deshalb sollten wir Wessis in Zukunft unsere Ossis einfach einstellen: als Chauffeur, als Koch, als Sekretär. Zumindest dann, wenn wir Senator werden. Hans-Martin Tillack

Siehe Bericht auf Seite 22