Data-Domizil-Chefs im Knast — Betrug

■ Verdacht auf Steuerhinterziehung und illegal Beschäftigte bei Data-Domizil/ Polizei verhaftet Geschäftsführer in Berlin und Neumünster

Berlin/Neumünster. Die berüchtigte Data-Domizil, Baugesellschaft mit beschränkter Haftung, muß seit gestern auf die Mitarbeit von zwei ihrer drei Geschäftsführer verzichten. Nach Durchsuchungen der Geschäftsstellen verhaftete die Polizei den 37jährigen Michael Kluge und den 38jährigen Reinhard Truschkowski in Berlin und Neumünster. Die Staatsanwaltschaft wirft den beiden vor, Steuern hinterzogen und über Jahre Mitarbeiter in Schleswig- Holstein, Berlin und Brandenburg illegal beschäftigt zu haben. Durch die »eingesparten« Steuern und Sozialversicherungsbeiträge sei ein Schaden von acht Millionen Mark entstanden, teilte gestern die Polizeipressestelle mit.

Bei Data-Domizil in Neumünster wußte man über die Verhaftungen angeblich nichts. Auch in Berlin wollte eine Mitarbeiterin die Verhaftung ihrer Chefs nicht bestätigen: Truschkowski und Kluge seien derzeit »nicht erreichbar«. Der dritte Geschäftsführer der Data-Domizil, Schnelle, ist ebenfalls nicht zu erreichen, weil er bis kommenden Montag in Urlaub sei. Ob auch gegen ihn Haftbefehl besteht, wollte die Justizpressestelle gestern nicht sagen. Die zwei Geschäftsführer seien verhaftet worden, weil Fluchtgefahr bestehe. Die Ermittlungen sollen in den kommenden Wochen abgeschlossen werden.

Data-Domizil wird seit Mitte 1988 verdächtigt, Schwarzarbeiter zu beschäftigen. Mieter der Baugesellschaft machten Polizei und Gewerbeaufsicht darauf aufmerksam, daß auf diversen Data-Baustellen polnische Arbeiter beschäftigt gewesen waren. Kluge erklärte damals, daß sie ordnungsgemäß versichert worden seien. Der Justizsprecher bestätigte, daß wegen Schwarzarbeit ein umfangreiches Ermittlungsverfahren gegen Data-Domizil eingeleitet wurde. Doch bis auf die Beschlagnahme von Unterlagen im Januar 1989 war bis gestern gegen die Immobilienfirma nichts unternommen worden.

Im Gegenteil — die Polizei machte sich für die Spekulanten sogar rechtswidrig zum Büttel. Am 18. Oktober 1988 räumte sie sechs Wohnungen in der Gitschiner Straße in Kreuzberg. Die Möbel der Mieter wurden auf Lastwagen verladen, ein Bautrupp begann Stromleitungen, Herde und Öfen zu zerhacken. Die Mieter hatten allerdings gültige Mietverträge — im letzten Jahr mußte sich Innensenator Erich Pätzold (SPD) für das Verhalten der Polizei unter seinem Amtsvorgänger Wilhelm Kewenig (CDU) entschuldigen.

Data-Domizil versuchte Mieter aus eigenen Häusern regelrecht zu vertreiben. Bei Rechnungen kam es immer wieder zu Unregelmäßigkeiten: Zum Beispiel sollte das Verlegen einer Gasleitung (Aufwendungen 986 Mark) 8.193 Mark kosten. Wie schon häufiger, ließ Data erst im April dieses Jahres in der Schönhauser Straße Öfen zerschlagen sowie Wasser- und Stromleitungen herausreißen, bevor sie Eigentümerin wurde. Dem Ehepaar einer Holzhandlung kündigte einer der Geschäftsführer an, daß die Quadratmetermiete von derzeit 2,20 Mark auf 30 bis 45 Mark steigen soll. Dirk Wildt