Franke guckt in die Röhre

■ Metaller dürfen Kurzarbeitergeld vom Streik 1984 behalten Bundessozialgericht: Franke-Erlaß war rechtswidrig

Kassel (dpa) — 220.000 Beschäftigte der Metallindustrie können die Sektkorken knallen lassen: Sie dürfen 200 Millionen Mark Kurzarbeitergeld behalten, das sie im großen Streik 1984 von der Bundesanstalt für Arbeit kassiert hatten. Gestern entschied das Bundessozialgericht, daß der sogenannte Franke-Erlaß rechtswidrig war.

Heinrich Franke, Präsident der Bundesanstalt für Arbeit, hatte beim Metallerstreik des Jahres 1984 den indirekt vom Arbeitskampf betroffenen Arbeitnehmern außerhalb des Streikgebietes Nordwürttemberg/ Nordbaden die Zahlung von Kurzarbeitergeld verweigert. Zur Begründung hatte Franke angeführt, die Bundesanstalt dürfe nicht mit Zahlungen in einen Tarifstreit eingreifen. Die Richter des BSG folgten dieser Argumentation nicht. Die Bundesanstalt in Nürnberg habe den Nachweis nicht erbracht, daß die Zahlung von Kurzarbeitergeld eine „Veränderung der Kampfparität“ der Tarifpartner bewirkt hätte, meinten sie. Auch eine Nichtzahlung könne nämlich ein Eingriff in einen Arbeitskampf sein.

Die Gewerkschaften hatten 1984 mit dem neuen „Minimax“-Konzept um die Einführung der 35-Stunden- Woche gekämpft: Mit minimalem Aufwand sollte der maximale Effekt erzielt werden. Zunächst traten nur 12.000 Arbeitnehmer der Metallindustrie in Nordwürttemberg und Nordbaden in den Ausstand — bald waren bundesweit die Automobilwerke und Zulieferfirmen lahmgelegt. Aus der Streikkasse konnten die nur mittelbar vom Streik betroffenen Arbeitnehmer nichts bekommen, die Gewerkschaft riet zum Gang zur Bundesanstalt für Arbeit. Doch die verweigerte Kurzarbeitergeld und die Zuschüsse für Arbeitslosen- und Rentenversicherung.