Nato offeriert „Liaisonkonzept“

■ ...um Mittelosteuropas „subjektivem Bedrohungsgefühl“ entgegenzukommen

Kopenhagen (afp/dpa/taz) — Bei ihrer Frühjahrskonferenz, die heute in Kopenhagen beginnt, wollen sich die Außenminister der Nato-Mitgliedsländer für eine verstärkte Zusammenarbeit der Allianz mit den neuen Demokratien in Osteuropa aussprechen. Eine formelle Sicherheitsgarantie soll es allerdings nicht geben, erklärte ein hochrangiger Nato-Vertreter im Vorfeld der Tagung.

Polen, Ungarn und die Tschechoslowakei haben bereits mehrfach ihr Interesse an einer Mitgliedschaft im westlichen Militärbündnis deutlich gemacht. In den mittelosteuropäischen Ländern herrscht nach der Nato-Diktion ein „subjektives Bedrohungsgefühl“, soll heißen: die Angst, als Puffer zwischen die Nato und die Sowjetunion zu geraten. Die innenpolitische Entwicklung in der UdSSR sorge zusätzlich für Beunruhigung. Aus Rücksicht auf sowjetische Sicherheitsinteressen ist die Nato jedoch nicht bereit, diese Länder in die Allianz aufzunehmen.

Statt dessen soll das „Liaisonkonzept“ von US-Außenminister James Baker offeriert werden. Dies sieht vor, daß die Allianz für die Länder — ausdrücklich auch für die Sowjetunion — „transparent“ gemacht werden soll. Sie müßten überzeugt werden, daß sie auch ohne Bündniszugehörigkeit in den europäischen Sicherheitsstrukturen aufgehoben seien. Dies könne beispielsweise durch einen Ausbau des KSZE-Prozesses und der Entwicklung neuer Mechanismen der Konfliktbewältigung erreicht werden. Frankreich steht einer verstärkten Rolle der westlichen Allianz in Osteuropa ohnehin kritisch gegenüber.

Wegen der französischen Bedenken war deshalb gestern auch noch offen, ob in Kopenhagen eine offizielle Erklärung zu Osteuropa verabschiedet werden kann. Paris möchte diese Aufgabe lieber der KSZE oder der EG übertragen. Paris favorisiert eine eigene militärische Rolle der Westeuropäischen Verteidigungsunion (WEU).