Das Lächeln der Zeitung

■ War im taz-Zelt: Heinz Knobloch, zwei Zentner Gemütlichkeit und DDR-Feuilletonist

Eine graue Masse Mensch, der Knobloch. Kopf zwischen die Schultern genommen, Zwinkeraugen. Ein Feuilletonist. Was? Jedenfalls ein Faß voller Geschichten; einmal angestochen, nimmer zu dichten. Sitzt im taz- Zelt und erzählt, der Flaneur, und die Breminale-Flaneure sammlen sich und lauschen bald fromm.

Knobloch: ein Tag auf dem Pariser Friedhof Pere Lachaise, nach Plan durchwandert, Kleinigkeiten entdeckt. Für die Zeitung wird ein Feuilleton draus. Oder der Vater, der Filmnarr. Was ihn beeindruckt im Kino, trägt er säuberlich in ein Heft ein: am Ende eine beträchtliche Titelliste. Und für den Sohn wieder ein Feuilleton. Oder Moische Kisling, jüdischer Maler, der 1944 eine große Landkarte mit Orten und Daten der alliierten Siege bemalt. Knobloch sieht das Bild in New York. Gibt auch ein Feuilleton, aber ein schwindelndes.

Knobloch, der Plauderer, nuschelt mit Vergnügen seine Funkelgeschichten ins Mikrophon. Er ist ein Meister vieler Gewichtsklassen. Schreibe federleicht, Leben schwer zu stemmen: Im Krieg ist er desertiert, sagt er, später von West-nach Ostberlin gegangen, in unüblicher Richtung. Immer schon zur Zeitung gewollt, dann bei vielen seine Feuilletons untergebracht. „Das Lächeln der Zeitung“ nannte sie einmal eine Leserin. Jetzt, nach der Wende, findet er kaum noch Abnehmer. Einmal ist er Präsident geworden: des DDR- PEN-Zentrums. Im 90er Jahr, aber nur für ein paar Monate. Wollte schreiben.

Zum Beispiel Bücher. Eins davon, sein bestes vielleicht, über Mathilde Jacob, die Unauffällige. Sekretärin von Rosa Luxemburg, und engste Vertraute. Die einzige, die am Landwehrkanal die Leiche der Erschlagenen identifizieren konnte. Knobloch, der Spurenleser, hat in zäher Arbeit Mathilde Jacobs Leben rekonstruiert. 1944 ist sie von den Nazis in Theresienstadt ermordet worden. Die SS hat ihre Asche in die Eger gestreut. Die Eger fließt in die Elbe, die Elbe mündet ins Meer. Wer sucht, findet. schak