GASTKOMMENTAR
: Kommunistische Mißgeburt

■ Die neue Regierung in Albanien kann nur eine des Übergangs sein

Endlich trat in Albanien die kommunistische Regierung von Fatos Nano geschlossen zurück. Bis zum Schluß war sie stur und verkalkt wie die kommunistische Mehrheit im Parlament, auf die sie sich stützte: reformunfähig und trotzdem rechthaberisch. Der Gedanke, jede von den Kommunisten gezeugte Regierung sei eine Mißgeburt, liegt ihnen Lichtjahre fern. Aber glücklicherweise sind nicht alle kommunistischen Abgeordneten so. Nicht jeder würde gerne auf die rund um das Parlament demonstrierende Menge schießen. Noch kann die Demokratische Partei die Menschen in Albanien beruhigen. Sie ging mit der Partei der Arbeit einen Kompromiß und eine Koalition ein, was sie zuvor immer abgelehnt hatte. Ob das zu etwas Neuem und Guten führen kann, das wird sich nun zeigen. Denn sie wird zusammen mit den Kommunisten eine Regierung der „Nationalen Stabilität“ bilden, vorausgesetzt deren Mitglieder sind auch bereit, ihre Parteibücher wegzuwerfen.

Eines hat die Demokratische Partei durch ihre neue Taktik und mit Hilfe der streikenden Arbeiter erreicht: vorgezogene Wahlen im Mai nächsten Jahres. Wird die neue Regierung bis dahin die Lage unter Kontorlle bringen, die Streiks stoppen und die drohende Hungersnot auf dem Lande vermeiden? Diese Regierung wird auf jeden Fall viel Autorität und Handlungsfähigkeit brauchen. Bis jetzt wissen wir nur den Namen des designierten Ministerpräsidenten. Er heißt Ylli Bufi, ist 40 Jahre alt und fiel bis jetzt eher als Minister von irgendetwas auf, das nicht funktionierte. Das Wichtigste, was er in den Griff bekommen sollte, ist die katastrophale wirtschaftliche Lage mit wachsenden Auslandsschulden und mangelndem Vertrauen ausländischer Investoren. Ganz zu schweigen von der bisherigen Korruption der hohen Funktionäre, die noch aufzudecken bleibt.

Außerdem darf man nicht vergessen, daß die 17 Forderungen der unabhängigen Gewerkschaften noch immer unerfüllt sind, obwohl auch diese auf ein Stillhalteabkommen eingingen und die Hungerstreiks beendeten.

Vieles ist im Augenblick unklar. Bis jetzt liefen in Albanien zwei verschiedene Realitäten unabhängig nebeneinander her: auf der einen Seite der materielle und geistige Alltag, der ständig bergab ging, auf der anderen Seite die politische Realität, die sich mitten in der Misere demokratisierte. Es ist zu wünschen, daß die Politik endlich aufhört, bloße Fassade zu sein, sondern auch konstruktiv Einfluß auf das Leben der Menschen nimmt. Vorerst aber scheint die Anarchie die Oberhand zu haben. Ardian Klosi (Tirana)