Die Bundesgesundheit

■ Keine Aids—Epidemie in der Ex—DDR/ Strahlenschutzamt wird Diagnosezentrum/ Gemeinsame Trinkwasserforschung

In der DDR hat es nach Angaben des Bundesgesundheitsamtes (BGA) keine „versteckte Aids-Epidemie“ gegeben. Im Oktober 1990 seien in Ostdeutschland 122 Menschen infiziert und sieben krank gewesen, sagte BGA-Experte Wolfgang Heckmann am Donnerstag beim Jahresbericht des Amtes in Berlin. In den ersten acht Monaten nach der Vereinigung sei in den neuen Ländern keine signifikante Zunahme der Immunschwächekrankheit zu erkennen gewesen.

45 Neuinfektionen und 24 weitere Erkrankungen registrierte das Amt in dieser Zeit. Damit waren Ende Mai in Ostdeutschland 167 HIV-Infektionen und 31 Krankheitsfälle bekannt. Allerdings halte die „Abflachung der Infektionskurve“ auch in den alten Ländern seit vorigem Jahr an, sagte Heckmann. Für die neuen Länder sei aber vorläufig nicht abzusehen, inwieweit sich die Ausweitung des Drogenkonsums und der Prostitution auswirken werde. Heckmann zeigte sich jedoch zuversichtlich, daß durch die inzwischen zehnjährige Erfahrung mit der Immunschwächekrankheit in den neuen Ländern von vornherein eine wirksame Präventionsarbeit geleistet werden könne. Die Länderministerien hätten inzwischen Aids-Koordinatoren benannt, die nach westdeutschem Vorbild regional orientierte Vorsorgemaßnahmen in Gang setzten.

Mit der Vereinigung Deutschlands hat das Amt fünf wissenschaftliche Forschungseinrichtungen der DDR übernommen. Als größte Bereicherung bezeichnete BGA-Präsident Dieter Großklaus die Integration der Abteilung Strahlenschutzmedizin des früheren Amtes für Atomsicherheit und Strahlenschutz in Berlin-Karlshorst. Die Abteilung solle zu einem klinisch-diagnostischen Zentrum ausgebaut werden. Damit verfüge das BGA erstmals über eine Forschungseinrichtung zur Erkennung von Umweltschäden beim Menschen.

Als Haupterfolge nannte Großklaus neben der Einrichtung von 432 neuen Stellen die Verabschiedung des Gentechnikgesetzes am 1.Juli 1990, die Ausarbeitung von Richtlinien zur Dioxinbelastung sowie die Umsetzung des bundesdeutschen Trinkwasserrechtes in den neuen Ländern. Gemeinsam mit den Bundesländern habe die Bundesregierung eine „Fachkommission Soforthilfe Trinkwasser“ eingerichtet.

Die Aufgabenanforderungen im vergangenen Jahr hätten bewiesen, daß sich das Amt zu einer zentralen Forschungs- und Beratungseinrichtung der Bundesregierung auf dem Gebiet der gesundheitlichen Risikobewertung von Mensch, Tier und Umwelt entwickle. Die Gesellschaft habe einen Anspruch auf „objektive und politisch unabhängige Berichterstattung“, sagte Großklaus. Diese Aufgabe zu erfüllen, sei „oft ein schwieriger Akt, der auch Mut und Schneid gegenüber Bonn“ erfordere. ap