Müllfrieden mit Bremerhaven

■ Vertrag über die Verbrennung des Bremer Abfalls unter Dach und Fach

Freudenstimmung bei Eva-Maria Lemke-Schultes Staatsrat Jürgen Lüthge: Nach jahrelangem Gerangel ist der Müllvertrag zwischen Bremen und Bremerhaven unter Dach und Fach. Damit ist von den jeweiligen Bürgermeistern höchstpersönlich unterschrieben, daß der Bremer Müll von 1997 in der Bremerhavener Müllbeseitigungsanlage (MBA) verbrannt wird. Damit ist die Voraussetzung geschaffen, die veraltete Bremer MVA zum 1.1.1997 endgültig zu schließen.

Den Bremerhaven-Vertrag läßt sich Bremen einiges kosten. Denn die MBA kann nun Verträge mit Osterholz und Verden nicht über das Jahr 2000 hinaus verlängern. Die dadurch entstehenden zusätzlichen Kosten übernimmt Bremen und zahlt dafür jährlich 2,2 Millionen Mark. Und auch an den notwendigen Umweltschutzinvestitionen wird sich Bremen bereits jetzt gemäß des künftigen Anteils an der verbrannten Müllmenge beteiligen.

Ob Jürgen Lüthges Freude verfrüht ist, wird sich erst in einigen Jahren zeigen. Denn 1997 steht den Bremern erst ein Teil der eigentlich benötigten Verbrennungskapazität zur Verfügung, da die Verträge der MBA mit Verden und Osterholz erst im Jahr 2000 auslaufen. Und so werden nach heutigem Müllanfall gerechnet lediglich 80.000 Tonnen Verbrennungskapazität für 210.000 Tonnen Bremer Müll zur Verfügung stehen.

Deshalb will Lüthge den Vertrag auch keinesfalls als „Entwarnung“ verstanden wissen. Doch mit allen Recyclingbemühungen könnte Bremen die Abfallberge in den nächsten sechs Jahren nicht ausreichend vermindern. In dieser Situation kommt den Bremern die neue Verpackungsverordnung aus dem Hause von Bundesumweltminister Klaus Töpfer gerade recht. Durch diese Verordnung sind die Kommunen nicht mehr allein zuständig für die Beseitigung des Mülls. Durch den Aufbau des sogenannten „dualen Systems“ soll ein Teil des Entsorgungsproblems auf Handel und Industrie übertragen werden. Die Hoffnung der Umweltbehörde gründet sich auf Töpfers Zielzahl: Das Abfallvolumen, für das die Kommunen zuständig sind, soll sich um 25 bis 30 Prozent verringern. Und so könnte die Rechnung gerade eben aufgehen, daß der so reduzierte Bremer Müll auch tatsächlich in die Bremerhavener Anlage paßt.

Eva-Maria Lemke-Schulte war gestern zufrieden, „diese unendliche Geschichte geklärt zu haben.“ Als sie mit Beginn der Legislaturperiode die Verantwortung für die Abfallwirtschaft übernahm, galt noch das Ziel, die Bremer MVA „möglichst“ bis 1995 zu schließen. Vorarbeiten dafür gab es allerdings nicht.

In den zähen Verhandlungen wollten die Bremer ursprünglich erreichen, daß an der MBA ein weiterer Verbrennungsofen angebaut wird. Dagegen hatten sich die Bremerhavener Genossen erbittert und erfolgreich gewehrt. Und auch die jetzt erreichte Lösung stieß dort lange Zeit auf wenig Gegenliebe, weil dadurch für Bremerhaven extrem ungünstige Verträge mit Umlandkommunen nicht mehr geändert werden konnten. hbk