Wenn es zu doll swingt: Saft ab

■ Bee Gees heute im Weserstadion / Meßtrupp am Ausschalter / Sting-Konzert volle Panne

Die Bühne ist technisch schon abgenommen, Roadies schleppen noch die letzten Teile ins Weserstadion. Heute morgen kommt die Beschallungsanlage aus Berlin, und um 18 Uhr geht es los. „Good vibrations“ erhoffen sich die circa 40.000 Fans der Gebrüder Gibb von dem Konzert. Just diese Schwingungen bereiten den Veranstaltern jedoch einiges Kopfzerbrechen.

Das Stadion ist statisch zwar für trampelnde Fußballfans ausgelegt, nicht aber für im Gleichtakt stampfende Musikbesessene. Die könnten — rein theoretisch, wie alle Fachleute versichern — die Schallwellen so weit ausschlagen lassen, daß es feine Risse im Beton der Tribünen gibt. Ein Fachteam von der Universität Karlsruhe wurde eigens vom Senat angeheuert, um heute abend die Schwingungen zu messen.

Roland Rösch vom Karlsruher „Institut für Massivbau und Baustofftechnologie“ ist gestern mit einem Mitarbeiter angerückt, um vier winzige Sensoren auf der Osttribüne anzubringen. Der Schall wird in einen Meßwagen übertragen. Schlägt die Kurve zu weit aus, gibt Rösch ein Zeichen. Ein Mann des Bauordnungsamtes würde dann alle Lautstärkeregler „runterfahren“. Für kurze Zeit wäre im Stadion „tote Hose“. „Dann heißt es 'ohne Tritt Marsch', wie wenn die Bundeswehr über eine Brücke geht“, erläutert Hajo Bohling vom Bauordnungsamt.

Die Fans kämen aus dem Takt, die Schwingungskurve ginge runter, die Gefahr wäre gebannt. „Dieser Fall ist aber sehr unwahrscheinlich“, versicherte Rösch gestern beim Ortstermin im Stadion. „Tina Turner hat das Stadion schließlich auch gut überstanden“, ergänzte Bohling.

Alle diese Versicherungen konnten das Management von (Ex-) Mega-Star Sting jedoch angeblich nicht überzeugen. „Wegen technischer Probleme mit dem Weserstadion“ sei das für den 14. Juli geplante Open-Air- Konzert in die Oldenburger Weser-Ems-Halle verlegt worden, hieß es noch gestern bei der zentralen deutschen Konzertleitung Marek Lieberberg in Frankfurt. „Das ist der größte Blödsinn, der in den letzten vier Wochen gesagt worden ist“, wetterte Bauordnungsamt-Experte Bohling auf der Tribüne. „Die haben einfach nicht genug Karten verkauft.“

Das bestreitet Roman Smemetat von der Bremer Konzertagentur KPS pflichtgemäß. Die Karten wären bestimmt später noch weggegangen.

Die Kartenrückgabe wegen der Verlegung in die Halle „hält sich in Grenzen, vielleicht 200.“ Eine kurze taz-Recherche erbrachte allein bei Karstadt einen Rücklauf von „etwa 250 Karten“. Im Verkehrsverein am Bahnhof ist man noch nicht dazu gekommen, die zurückgegebenen Tickets zu zählen, aber „es waren sehr, sehr viele.“

Der Agentur enstünden keine nennenswerten Kosten durch das geplatzte Sting-Open-Air, behauptet Smemetat. Der Ausstieg aus bestehenden Verträgen sei kein Problem gewesen, das habe der zentrale Konzertmanager Lieberberg rechtzeitig „in die richtigen Bahnen gelenkt.“

Über die Anmietung des Stadions für den 14. Juli hat es laut Jochen Brunjes von der für die Vermietung des Weserstadions zuständigen „Bremer Sport- und Freizeit-GmbH noch keinen Vertrag gegeben. Das Konzertmanagement habe das „wegen der Besucherkapazitäten“ offenlassen wollen.

hier bitte das kleine

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...um notfalls den Saft abzudrehen

Ob Konzertausstatterfirmen Regreß angemeldet haben oder in der Hoffnung auf künftige Zusammenarbeit kulant waren, ob es Spannungen zwischen KPS und Lieberberg gab wegen der Bremer Pleite, war nicht zu erfahren. Beide Agenturen hüllen sich angesichts der schon geäußerten Peinlichkeiten in Schweigen. asp