Auch Ostfrauen machen jetzt mobil

■ Nur fünf von 19 Ostberliner Frauenprojekten sind im Nachtragshaushalt aufgeführt/ Viele wurden ohne Westinitiative schon vor der Wende gegründet/ Undurchsichtige Verfahren

Berlin. Bevor der Nachtragshaushalt am 25. Juni endgültig beschlossen und besiegelt wird, machen nun auch die Frauenprojekte im Ostteil der Stadt gegen den vorgelegten Entwurf mobil: Eine knappe Million Mark fehlt nach Aussage der Frauen, um eine ausreichende Infrastruktur ihrer Arbeit zu gewährleisten. Nur fünf der neunzehn Ostprojekte sind überhaupt im Nachtragshaushalt aufgeführt. »Das Verfahren ist völlig undurchsichtig. Wir haben beispielsweise eine Summe zugesprochen bekommen, die wir nie beantragt haben, und warten jetzt auf die Umschichtung«, erzählt eine Mitarbeiterin des Frauenzentrums EWA (Mitte), das mit einem Viertel der vorhandenen knapp zwei Millionen Mark für den Ostteil bedacht wurde.

Die meisten der Frauen arbeiten seit über einem jahr ehrenamtlich in den Projekten und haben auch jetzt noch keinerlei Zusicherung über staatliche Gelder erhalten. Ihnen droht keine Kürzung, sondern die sofortige Schließung. »Die 19 Frauenprojekte haben einen wöchentlichen Zulauf von über 1.500 Frauen, von denen viele massive psychische Probleme haben, weil sich gerade die Lage der Frauen bei uns radikal verschlechtert hat. Was wir leisten, ist oft genug die reinste Sozialarbeit. Und das ehrenamtlich«, sagt Steffi Schild vom Friedrichshainer Frauenzentrum »Frieda«.

Viele der bestehenden Einrichtungen haben sich ohne westliche Einmischung bereits vor oder während der Wende gegründet. Inzwischen gibt es neben den Frauenhäusern auch ein Technikzentrum, eine Lesbenberatungsstelle sowie Informations- und Kommunikationszentren mit Rechtsberatung und therapeutischen Angeboten. Alle zusammen bilden ein wesentliches soziales Netz für Ostberliner Frauen, die mit ihren Befindlichkeiten oft kein Gehör bei Westprojekten finden, weil deren Probleme ganz andere sind. »Deshalb ist es auch so wichtig, dezentral und kieznah arbeiten zu können«, erzählt Steffi Schild.

»Wir müssen hier auf die spezifischen Probleme der Frauen eingehen. Die zunehmende Gewalt gegen Frauen sowie die Existenzbedrohung durch Erwerbslosigkeit und Alltagsumwälzung können schon jetzt von den paar Projekten nicht bearbeitet werden.« Im Nachtragshaushalt vorgesehen sind neben dem Frauenzentrum EWA zwei Frauenhäuser sowie Zufluchtswohnungen für Frauen in Not und die Förderung von Qualifizierungsmaßnahmen für Frauen. Dennoch wollen auch die bezuschußten Projekte Front machen gegen den vorgelegten Nachtragshaushalt. »Wir werden uns nicht gegeneinander ausspielen lassen — weder hier im Ostteil noch mit den Westprojekten.« Am kommenden Mittwoch wollen die Ostfrauen ihre Forderungen noch einmal vor dem Hauptausschuß deutlich machen. Jeannette Goddar