Tokio will den Gorbi nicht

Differenzen mit Japan vor dem G-7-Gipfel in London/ Japaner würden Gorbatschow am liebsten ausladen, da die Kurilenfrage nicht geklärt ist  ■ Aus Tokio Georg Blume

Für den Fall einer Einladung Michail Gorbatschows auf den Weltwirtschaftsgipfel in London sieht die japanische Regierung Meinungsverschiedenheiten zwischen den G-7-Staaten aufkommen. Das betonte gestern der Sprecher des japanischen Außenministeriums, Taizo Watanabe, in Tokio. „Was die verschiedenen Vorschläge hinsichtlich des finanziellen Beistands für die Sowjetunion betrifft, könnte eine Lücke (zwischen Japan und den übrigen G-7-Staaten) klaffen“, meinte Watanabe. Watanabes Äußerungen folgen einem Schreiben des britischen Premierministers John Mayor vom Donnerstag, in dem er die sechs übrigen G-7-Mitglieder (Vereinigte Staaten, Frankreich, Italien, Kanada, Japan und die Bundesrepublik) von seinem Vorhaben unterrichtet, Gorbatschow unter bestimmten Voraussetzungen auf dem Londoner Gipfel willkommen zu heißen.

Nippons Regierungschef Toshiki Kaifu erklärte, daß er eine offizielle Gipfel-Teilnahme Gorbatschows für „bedeutungslos“ halte. Grundsätzlich sprach er sich gegen eine Aufnahme der Sowjetunion in den Kreis der reichen Sieben auf, die zwar bisher noch nicht zur Debatte stand, von Mitterrand und Kohl langfristig aber nicht mehr ausgeschlossen wurde. Der Tokioter Regierungssprecher Watanabe wiederholte gestern die japanischen Bedenken: „Wir müssen zweimal überlegen, bevor wir ihn (Gorbatschow) als offizielles Mitglied akzeptieren können. Wir wissen nicht, ob das überhaupt mit dem ursprünglichen Konzept der Gipfeltreffen zu vereinbaren ist“, sagte Watanabe. Die japanische Regierung wird dabei von der Sorge angetrieben, daß sie auf dem Umweg über den G-7-Gipfel gezwungen wird, Hilfsmittel für die Sowjetunion bereitzustellen, was sie aufgrund des Territorialkonflikts mit Moskau über die Kurileninseln nicht will. Gleichwohl ist man sich in Tokio bewußt, daß sich mit der Kurilenfrage nicht der Gang der Weltpolitik aufhalten läßt. „Die Unterstützung für die Perestroika und unsere bilateralen Probleme sind getrennte Angelegenheiten“, versicherte Regierungssprecher Watanabe, „falls ein Konsens erlangt wird, werden wir uns nicht gegen die Einladung an Gorbatschow stellen“. Dennoch konnte Watanabe den Eindruck nicht widerlegen, daß sich der Westen und Japan in der Frage der Moskau-Politik immer weiter auseinanderbewegen. Auf die Frage, wie Tokio mit der in Washington vorgeschlagenen Teilmitgliedschaft der Sowjetunion in Weltbank und Internationalem Währungsfonds umgehen könne, antwortete Watanabe gestern: „Ich kann unsere endgültige Position noch nicht erklären. Aber wir sind sehr besorgt über diese Vorschläge.“