Was der Abgeordnete Weiß für „sittenwidrig“ hält

■ Streit in der Bundestagsgruppe von Bündnis 90/Die Grünen über den Antrag zum Paragraphen 218

Bonn (taz) — Hilfe im Kampf gegen andersdenkende FraktionskollegInnen hat vorgestern Konrad Weiß, Abgeordneter des Bündnis 90/Die Grünen, von Rita Süssmuth verlangt. In einem Brief geht er die Bundestagspräsidentin darum an, einen Gesetzentwurf zum Abtreibungsparagraphen 218 nicht zuzulassen, den eine Minderheit seiner Gruppe zur Behandlung in den Bundestag überwiesen hat. In dem Entwurf fordern Christina Schenk und zwei weitere Abgeordnete, Schwangerschaftsabbrüche grundsätzlich gesetzlich zuzulassen. „Ich bin der Überzeugung, daß dieser Entwurf in elementarer Weise dem Naturrecht ebenso widerspricht wie dem Grundgesetz und daß daher seine Drucklegung als Drucksache des Deutschen Bundestages oder seine öffentliche Behandlung sitten- und verfassungswidrig und dem Hohen Hause unangemessen wäre“, schreibt Konrad Weiß der Bundestagspräsidentin. Und: „Für viele Frauen und Männer in den Bürgerbewegungen hat der Schutz des Menschenrechts auf Leben auch für die ungeborenen Kinder höchste Priorität.“

Zwar haben nur drei der acht Abgeordneten für den Gesetzentwurf gestimmt. Drei haben sich enthalten und zwei dagegen votiert. Letztere, darunter Konrad Weiß, sind für die Fristenlösung. Dennoch steht auch einer Minderheit das Recht zu, ihre Vorstellungen in einem eigenen Gesetzentwurf einzubringen. So teilten Christina Schenk und Ingrid Köppe ihrem Kollegen Weiß dann auch per Presserklärung dies mit: „Der Abgeordnete Weiß meint wohl, er lebe immer noch in einem Regime, in dem die Obrigkeit bestimmt, was diskutiert und was nicht diskutiert werden darf.“ ff