: ... aber die Regierung ist auch o.k.
■ Ephraim Kishon über Israel, Deutschland, die Palästinenser, die Grünen, Bücher, Honecker und die Müdigkeit
Die 'New York Times‘ hat ihn als den »ersten Satiriker der Welt« bezeichnet. Seine Bücher sind in 33 Sprachen erschienen. In Deutschland hat er 26 Millionen verkauft — mehr als jeder andere Schriftsteller. Mit so einem Rekord sagt Ephraim Kishon gern, was er denkt, undiplomatisch. »Und ich genieße es sehr«, fügt er hinzu. Vor seinem Auftritt im Jüdischen Gemeindehaus anläßlich der »Jüdischen Kulturtage« sprach er am Samstag mit Igal Aridan.
taz: Herr Kishon, wieviel zählt Ihre Stimme in Deutschland?
Ephraim Kishon: Ich freue mich, daß ich Sympathie für Israel erregt und einen Beitrag zum Touristenstrom nach Israel geleistet habe. Im Kampf gegen den Antisemitismus jedoch kann ich nichts beitragen, da es um eine emotionelle Haltung geht.
Und gegen anti-israelische Stimmen?
Anti-Israelismus ist eigentlich Antisemitismus. Wer sagt, er sei ein Freund der Juden, sich aber gegen den Judenstaat ausspricht, der ist der größte Lügner.
Auch die Mitglieder der Grünen, die am Anfang des Krieges gegen die Lieferung von Patriot-Raketen nach Israel waren?
Die sind nicht normal, wenn sie Verständnis für Saddam Hussein haben, und dazu auch Antisemiten.
Was halten Sie von den Israelis, die das Land während des Golfkrieges verlassen haben?
Das sind Scheißmenschen. Ich, der ein Haus in der Schweiz habe, bin gleich »nach Hause«, nach Israel geflogen, als der Krieg ausbrach. Da meine Familie sich dort aufhielt, war es nur selbstverständlich.
Und wie war der Golfkrieg für Sie?
Ich, ein Überlebender des Holocaust, saß zu Hause mit der Gasmaske, und wartete auf das gleiche Gas, wovor ich geflohen war. Das hat mich sehr erregt. Wäre ich ein Deutscher, hätte ich mich sehr geschämt. Aber der Besuch Genschers und im besonderen die offensichtliche militärische Hilfe von Deutschland für Israel fand ich sehr wichtig.
Sie meinten einmal, Sie trauen keinem Araber. Wie kann man den Frieden im Nahen Osten erreichen?
Erstens war ich für das Friedensabkommen mit Ägypten. Zweitens, es wird Frieden geben, wenn die Palästinenser, ein intelligentes Volk, endlich entdecken, daß sie ein Spielzeug für ihre arabischen Brüder sind, die sie wie Hunde in Flüchtlingslagern festhalten, statt sie einzugliedern, wie z.B. Deutschland die Übersiedler.
Dann sind Sie eher pessimistisch?
Nein, ich sehe eine positive Entwicklung. Wir haben begonnen, die Zurückhaltung der Palästinenser zu schätzen, und sie achten uns, weil wir trotz der vier Jahre Intifada keinen Zentimeter zurückgegeben haben. Meine zwei Söhne sprechen fließend arabisch und viele Palästinenser sprechen sehr gut Hebräisch, also bin ich optimistisch, auch wenn wir den Frieden nur in der nächsten Generation erreichen.
Aiby Nathan hat 40 Tage gefastet, um die Regierung Israels zu veranlassen, Gespräche zwischen Israelis und PlO-Mitgliedern zu erlauben.
Er ist o.k., weil er für seine Meinung kämpft, aber die Regierung ist auch o.k., da sie auf seine Forderung nicht eingegangen ist. Wir müssen mit den Plästinensern reden, nicht aber mit der PLO, eine Organisation, die Kinder und Frauen mordet. Auch die Engländer reden nicht mit den irischen Terroristen. Als die jüdischen Untergrundgruppen gegen die Briten gekämpft haben, haben sie keine Frauen und Kinder ermordet.
Meinen Sie immer noch, wenn Sie ein Araber wären, wollten Sie auch Israel auslöschen?
Ja. Wir sind Fremde in dieser Region, eine westliche Demokratie. Aber die Moslems wollen auch die Kurden vernichten, nur, weil sie keine Moslems sind.
Ihre Bücher sind auch in der DDR erschienen, trotz Ihrer politischen Meinung. Wieso?
Als ein Almanach meiner Werke dort vor fünf Jahren erschien, schrieb der Redakteur, um Honecker, den Herzensfreund Arafats, nicht zu verärgern, daß ich ein »reaktionäres Element« bin, aber leider schreibe ich viel zu gut. Die DDR habe ich nur besucht, nachdem er sein Jagdterritorium — was jeder Sozialist eigentlich braucht — verlor. Jetzt bin ich in Ostdeutschland »Persona grata«, und man ist sehr neugierig, mich kennenzulernen.
32 Jahre haben Sie regelmäßig Satire für die israelische Zeitung 'Maariv‘ geschrieben. Warum haben Sie aufgehört?
Weil man keine Zeitungen mehr liest — nur die Schlagzeilen und den Klatsch. Heute gibt es nur TV. Damals war ich der Fernseher.
Und jetzt übersetzen Sie selbst Ihre Bücher ins Deutsche.
Ja, ich bin vielleicht der einzige in der Welt, der Deutsch aus seinen eigenen Übersetzungen gelernt hat. Nach 38 Büchern lernt man schon 'was. Aber mit dem Artikel hab ich immer noch Probleme, und mit dem Plural auch. Deswegen versuche ich, Plural zu vermeiden. Wenn ich zwei Bände bestellen wollte, habe ich geschrieben: »Ich möchte ein Buch, und noch eins.«
Haben Sie noch Wünsche?
Ja, zu ruhen. In den letzten 40 Jahren bin ich sehr müde geworden.
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