Der 200-Mark-Scheck für Erna H. kam an

Kreuzberg. Am liebsten hätte Erna H. (Name von der Redaktion geändert) gleich einen Blumenstrauß gekauft, um sich bei Frau Elmiger zu bedanken. Die taz-Leserin von der Humanistischen Union hatte von der Verurteilung der Rentnerin zu 150 Mark Strafe wegen der Entwendung einer Dekorationsnadel gelesen. In einer von ihr in Gang gebrachten Spendenaktion sammelte sie 200 Mark (die taz berichtete). Frau H. kam gestern in die taz, um ihren Scheck entgegenzunehmen.

»Ich bin natürlich sehr froh über das Geld, aber es ist auch ein Schmerz«, sagt die alte Dame, die an ihre »Dummheit« eigentlich nicht mehr erinnert werden möchte. Schließlich sei sie sonst stets anständig.

Die 77jährige kannte sich bei der Zeitung gleich aus: »Mein Mann hat auch in der Branche gearbeitet, da habe ich ihn oft abgeholt«, erinnert sie sich. Sie selbst war seit ihrem 15. Lebensjahr als Bürokraft tätig. »Zum Schluß habe ich sogar noch mit Computern gearbeitet.« Am liebsten war ihr aber ihre Zeit bei Wertheim vor dem Zweiten Weltkrieg. Die goldenen Zwanziger waren sowieso ihre besten Jahre. Die Zeiten seien damals ruhiger gewesen »und außerdem bringt uns diese ganze Technik noch alle um«.

Die alte Dame lebt heute allein, versorgt aber noch regelmäßig ihre 15 Jahre ältere Schwester. Da sie sich bei ihrer Hochzeit ihre Rente hat auszahlen lassen — »Wir wollten nämlich gleich in eine Zwei-Zimmer- Wohnung ziehen« — bekommt sie heute trotz ihrer langjährigen Berufstätigkeit nur noch knapp 600 Mark. Das bedeutet, daß sie ihren Enkeln kaum Geschenke machen kann und im Winter manchmal fast kein mehr Geld zum Heizen übrig hat. cor