: Staatsterrorismus
■ Trotz einer demokratisch gewählten Regierung kontrollieren nach wie vor die Militärs Guatemala
Nachrichten aus Guatemala erreichen uns nur selten, gute Nachrichten schon gar nicht. Die mittelamerikanische Republik sorgte in der Nachkriegszeit für Schlagzeilen, als die CIA in Zusammenarbeit mit der United Fruit Company 1954 den fortschrittlichen Präsidenten Oberst Jacobo Arbenz von der Macht putschte. Nachrichtenwert hatte der Nachbar Mexikos wieder, als 1976 ein Erdbeben große Teile des Landes verwüstete. Zu der Zeit begann auch die Invasion fundamentalistischer Sekten aus Texas und Kalifornien.
In kurzer Zeit hat sich ihnen etwa ein Drittel der guatemaltekischen Bevölkerung angeschlossen. Einer der Bekehrten, General Rios Montt, übernahm 1982 sogar die Macht. Die anderthalb Jahre, die er sich an der Spitze des Staates hielt, gehören zu den dunkelsten von 30 Jahren Militärdiktatur. Zahlreiche Dörfer wurden dem Erdboden gleichgemacht, Zehntausende von Bauern wurden deportiert, von der Armee entführt und ermordet.
Positive Schlagzeilen macht Guatemala erst wieder als 1986 der Christdemokrat Vinicio Cerezo als erster demokratisch gewählter Präsident sein Amt antritt. Er setzt sich auf internationalen Foren für den Frieden in Mittelamerika ein. Bei seinen europäischen Gesinnungsgenossen, die schließlich die Entwicklungsgelder zu verteilen haben, kommt er gut an. Im eigenen Land jedoch überläßt er die wirkliche Macht den Militärs, das Geld den alten korrupten Clans. Armut und Terror beherrschen das Land wie schon zu Zeiten seiner Vorgänger. Sogar seine US-amerikanischen Förderer lassen von ihm ab, als sich herausstellt, daß die guatemaltekische Armee noch immer ungestraft US-amerikanische BürgerInnen vergewaltigt und ermordet und ungestört ihren Anteil aus dem Kokainhandel abzockt.
Ende letzten Jahres wählte Guatemala wieder. Die Überraschung war groß, daß am 14. Januar der Ingenieur Jorge Serrano Elias in den Präsidentenpalast einziehen durfte. Serrano, aktives Mitglied der protestantischen Sekte El Shaddai, gilt als fähiger Technokrat. Unter Rios Montt hatte er dem Staatsrat vorgestanden und war im Auftrag aller politischen Parteien Mitglied der Nationalen Versöhnungskommission, die Sondierungsgespräche mit der URNG, dem Dachverband von vier Guerillaorganisationen, begann.
Die Menschenrechtskommission der UNO hat Serrano, der anfang Mai Verhandlungen mit der Guerilla aufgenommen hat, die am 10. Juni nun in die zweite Runde gehen, zunächst den Bonus des Zweifels eingeräumt — und das trotz hunderter Verschwundener und Ermordeter, trotz der Tatsache, daß nie ermittelt wird, Täter nie belangt werden. Kein einziges Mal wurde Guatemala bisher durch die UNO wegen Verletzung der Menschenrechte verurteilt. J.v.d.S.
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