Ein bißchen amerikanisch und ganz viel deutsch

■ Die Sängerin und Schauspielerin Heidi Brühl ist tot/ Die 49jährige soll einer Krebserkrankung erlegen sein

Ihre Affären machten Schlagzeilen, auch sie selbst sprach gerne darüber, ausführlich in ihrer Autobiographie Eine kühle Blonde, bitte. Und jede ihrer amourösen Geschichten klang wie eine Kampfansage an die Männer, an den Vater, der hinter allem stand.

Dem hat Heidi Brühl alles zu verdanken, Positives wie Negatives. Er schubste die 1942 geborene Heidi, die eigentlich Tänzerin werden wollte, in die Filmkarriere. Die Münchnerin wurde nicht Kinder-, aber Teenagerstar. Und faßte in ihrer ersten Hauptrolle, 1955, Die Mädels vom Immenhof, all das zusammen, was idealtypisch darunter zu verstehen war: kapriziös und kokett, pubertierend und frech, selbstbewußt und manchmal ganz leise. So was gab es nicht im Leben, aber für den Film war Heidi Brühl eine Entdeckung. Es folgte Rolle auf Rolle, nett und ohne Bedeutung, bis Anfang der sechziger Jahre Heidis zweite Karriere begann. Das Schlagergeschäft war ideal für die professionelle Natürlichkeit der Brühl und ihre flache Stimme. Für Wir wollen niemals auseinandergehen gab es 1961 sogar eine goldene Schallplatte.

Der Ehrgeiz packte sie, mehr noch den Vater: Heidi Brühl mußte auf die Musicalbühne, wo es damals alle hintrieb, die unter dem Schlager- Image litten. Annie get your gun zog sie durch und My Fair Lady. Ganz leidlich und mit dem Willen zum Großen. Der Profi wollte mehr und ging nach Amerika. Erfolgreich soll sie gewesen sein in Las Vegas, neben Sammy Davis jr. So richtig nachgeprüft hat das hierzulande keiner, dafür klingt die Geschichte ganz schön.

Auf jeden Fall kam die Brühl ganz bald wieder zurück und entwickelte sich zur toughen Karriere- und Geschäftsfrau, eine Rolle, die bislang im deutschen Showgeschäft noch nicht besetzt war. Jede Bühne war ihr recht, sie machte Operette, Schlager, Musical, Disco, Komödie, eigene Bühnenshow. Nebenher gründete sie einen Musikverlag und entdeckte als Produzentin Dallas- Püppi Charlene Tilton und Denver-Homo Al Corley für die Schallplatte.

Nie die große Meisterin in einem Fach und nie ganz oben, ständig und ohne Fall, repräsentierte Heidi Brühl seit mehr als dreißig Jahren so etwas wie glamouröses Leben in dieser Republik, ein bißchen amerikanisch und ganz viel deutsch. Und sie half dabei, schwere Worte wie „Entertainment“, „Show“ und „Busineß“ in unserer Sprache zu beheimaten. Heidi Brühl starb am Samstag kurz nach Mitternacht während einer Notoperation in Starnberg. Elmar Kraushaar