Scheinbarer Dornröschenschlaf

■ Kein Zusammenhang zwischen den Ausbrüchen auf den Philippinen und in Japan

Auf den Philippinen muß mit weiteren Vulkanausbrüchen gerechnet werden. Das vermutet der Vulkanologe Hans-Ulrich Schmincke vom Kieler GEOMAR-Institut. Auch die Geologen des Vulkanologischen und Seismologischen Instituts in Manila sind der Auffassung, daß dreizehn der etwa 200 Vulkane auf den Philippinen jederzeit ausbrechen könnten.

Als der gefährlichste, obwohl kleinste der Welt, gilt der Mayon-Vulkan, der 1984 wieder zu rauchen begann und damals rund 63.000 Menschen zur Flucht aus ihren Dörfern trieb. Aber die größte Zerstörung in diesem Jahrhundert brachte der Taal-Vulkan südlich Manilas. Als er 1911 ausbrach, starben nach überlieferten Daten 1.334 Menschen. Bei seinem erneuten Ausbruch 1965 gab es ungefähr 200 Tote. Seit April brodelt es im Taal ununterbrochen.

Aber ein anderer, rund 100 Kilometer nordwestlich Manilas gelegener Vulkan, der 1.462 hohe Mount Pinatubo, speit seit Sonntag heiße Asche, kochenden Schlamm und glühend-flüssige Gesteinsschmelze der Erdkruste, das Magma, aus zehn bis zwanzig Meter Tiefe empor. Damit unterbricht er seinen 611 Jahre dauernden Dornröschenschlaf. Seine Eruption erfolgt fast gleichzeitig mit einem neuerlichen Ausbruch des japanischen Vulkans Unzen. „Zwischen beiden Vulkanausbrüchen gibt es nach dem gegenwärtigen Erkenntnisstand keinen Zusammenhang“, behauptet Schmincke. „Beide Vulkane liegen 2.200 Kilometer auseinander. Für eine gemeinsame Ursache ist diese Entfernung zu groß“, sagte er.

Unzen und Pinatubo bilden mit zahllosen anderen Vulkanen den „Ring of Fire“, einen Ring feuerspuckender Berge rund um den Pazifik. Beide liegen an der Nahtstelle von Pazifischer und Asiatischer Platte. Diese Pazifische Platte schiebt sich laut Schmincke mal mehr, mal weniger unter die Asiatische. Dabei wird das Gestein aus der Tiefe geschmolzen. In großen Blasen steigt es an die Oberfläche, wo es zumeist in unregelmäßigen Abständen durch Vulkanausbrüche zutage tritt.

Vulkanische Eruptionen lassen sich voraussagen

Während die schwerflüchtigen Bestandteile des Magmas als Lava ausfließen und schließlich erstarren, entweichen die leichtflüchtigen Teile als Gase und Dämpfe in die Atmosphäre. Im Magma spielen sich vielfältige Vorgänge ab, die zur Freisetzung von überhitzten Gasen führen: Sie bringen die Erdkruste zum Schmelzen und sprengen Krater auf. Mal kommt es dabei nur zu Dampf- und Gasausblasungen oder ruhigem Lavafluß. Mal aber auch zu heftigen Ausbrüchen mit gewaltigen, für die Vegetation tödlichen Aschewolken oder zur Eruption von Glutwolken.

Vulkanische Eruptionen lassen sich im Gegensatz zu Erdbeben leichter voraussagen. Dazu der Vulkanexperte aus Kiel: „Man beobachtet in erster Linie die Bodenunruhe, die sogenannte Seismik, analysiert die austretenden Gase und mißt die von der aufsteigenden Lava verursachte Landaufwölbung.“

Oft treten Erdbeben als Begleiterscheinung vulkanischer Ausbrüche auf. Generell kann von einem Zusammenhang zwischen Vulkan- und Erdbebentätigkeit ausgegangen werden, da die Aktivzonen beider Naturerscheinungen der Erde weitgehend identisch sind. taz/dpa