Ab in den Osten!

■ SPD will Westbeamte an Ostschreibtische zwingen

Berlin. 300 bis 400 Beamte und Behördenangestellte sollen demnächst zwangsweise an Schreibtische im Ostteil der Stadt versetzt werden. Dieser Plan von Bausenator Wolfgang Nagel (SPD) hat gute Chancen, demnächst Realität zu werden. In der gestrigen Senatssitzung forderten dem Vernehmen nach neben Nagel auch Wirtschaftssenator Norbert Meisner (ebenfalls SPD) und SPD- Fraktionschef Ditmar Staffelt den CDU-nahen Innensenator Dieter Heckelmann auf, endlich die nötigen Einzelheiten zu klären. Einen Teilerfolg konnten die Sozialdemokraten schon vermelden. Innensenator Heckelmann wurde beauftragt, Vorgespräche mit Nagel und Meisner zu führen und die Vorlage für eine endgültige Senatsentscheidung vorzubereiten.

Die Beamten sollten — so Nagels Idee — in den Bauämtern der östlichen Bezirke helfen, daß die bereitstehenden Millionen für den Bau von Straßen, Schulen, Heimen und Kitas überhaupt ausgegeben werden können. In den Baubehörden der Ostbezirke gebe es deutliche »Engpässe«, viele Stellen seien noch nicht besetzt, sagte der SPD-Abgeordnete Otto Edel gestern zur taz. Gleichzeitig könnten in den Westbezirken viele Beamte einfach »rumsitzen«. Die Projekte, die sie bearbeitet hatten, wurden nämlich zugunsten von Vorhaben im Ostteil verschoben oder gestrichen. Angesichts der leeren Kassen der Stadt könne es doch »nicht sein«, meint die SPD, daß nun im Ostteil neue Beamte eingestellt würden, während die Beamten im Westteil Däumchen drehen könnten.

Sympathie für diesen Vorschlag wird auch CDU-Fraktionschef Klaus Landowsky und dem Regierenden Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU) nachgesagt. Der Innensenator wehrte sich dagegen auch in der gestrigen Senatssitzung gegen das Ansinnen der SPD. »Das wollen wir eigentlich gerade vermeiden«, heißt es in der Innenverwaltung. Beamte, die zwangsweise versetzt würden, hätten kaum die rechte Motivation an ihrem neuen Arbeitsplatz, sorgen sich Heckelmanns Mitarbeiter. In der Innenverwaltung verweist man auf den großen Erfolg der im April eingerichteten »Personalbörse«. Dem Aufruf, sich freiwillig für einen Behördenjob im Ostteil zu melden, seien über 1.000 Senatsbedienstete gefolgt.

Nach Meinung der SPD reicht das jedoch nicht mehr aus. Im Osten lägen noch in diesem Jahr viele hundert Millionen Mark bereit und warteten nur darauf, ausgegeben zu werden. Dafür bleibe jetzt lediglich noch ein halbes Jahr Zeit. Angeblich werden einige Ostprojekte bereits an Schreibtischen in Westberliner Bezirksbehörden bearbeitet, nach Meinung der SPD kaum eine Lösung der Probleme. Edel: »Jetzt muß Schluß sein mit der Freiwilligkeit.« hmt