Gagen für die eigene Tasche

■ Der Leiter der Jüdischen Kulturtage, Dan Lahav, wurde wegen »interner Unstimmigkeiten« fristlos gefeuert/ Veranstaltungen gehen weiter

Berlin. Mit den Organisatoren der Jüdischen Kulturtage hat die Gemeinde wahrlich kein Glück. Am Montag mußte der Leiter, Dan Lahav, seinen Schreibtisch räumen, die fristlose Kündigung brannte in der Tasche. Ihn ereilte damit das gleiche Schicksal wie seinen Vorgänger Hans Fasser. Auch Fasser ließ sich 1989 vom Geld verführen, leitete einen Teil der Künstlergagen in die eigene Tasche um und wurde mit einem Rausschmiß bestraft.

Die Jüdischen Kulturtage werden im Rahmen der Staatsverträge zwischen dem Land Berlin und den Kirchen jährlich mit 500.000 Mark subventioniert. Die Gelder müssen bei der Kulturverwaltung abgerechnet werden. Interne Unregelmäßigkeiten, sagte der Sprecher der Kulturverwaltung, Klemke, »habe die Gemeinde selbst aufzuklären«. Mit »internen Unregelmäßigkeiten« besserte nun auch Lahav sein Salär auf.

Einige Künstler der diesjährigen Kulturtage, die anonym bleiben möchten, berichteten, daß mit ihnen »Erpressungsverträge« abgeschlossen worden seien. Auftritte während der Kulturtage seien ihnen von Lahav nur mit der Auflage vermittelt worden, zehn Prozent der Gage an ihn persönlich abzutreten. Anderen Künstlern seien vorher schriftlich festgelegte Auftrittszeiten Minuten vor der Veranstaltung aus »organisatorischen« Gründen gekürzt, die Gage anschließend deshalb reduziert worden. Wiederum andere hätten — weil im Programmheft so angekündigt — mehrmals auftreten müssen, hätten aber nur Honorar für einen einzigen Auftritt erhalten.

Die Vorwürfe gegen Lahav wurden von Heinz Galinski im einzelnen nicht bestätigt, aber auch nicht dementiert. Der Vorstand der Gemeinde wurde gestern mit einer lapidaren Notiz abgespeist. »Aufgrund bestehender Unstimmigkeiten«, heißt es in der Erklärung, »wurde Dan Lahav [...] mit sofortiger Wirkung von seinen Pflichten entbunden. Die Kulturtage gehen programmgemäß weiter.« Gegenüber der taz sagte Galinski, daß ein »Rechtsstreit«, zu dem er sich aber nicht weiter äußern möchte, Licht in die Angelegenheit bringen müsse.

Der Rausschmiß des Postkartenverkäufers, ehemaligen Theaterstatisten und Galeriebesitzers Lahav ist auch für die Opposition in der Gemeinde, die Demokratische Liste, eine peinliche Angelegenheit. Nach Fassers unrühmlichem Abtritt hatte sie Lahav, der Mitglied der Demokratischen Liste ist, zum neuen Kulturleiter vorgeschlagen. Moses Waks, Vorsitzender des Kulturausschusses und in der Opposition aktiv, sagt, daß sich Lahav seit seiner Ernennung durch Galinski von der Arbeit des Kulturausschusses »in jeder Hinsicht« ferngehalten habe. Bereits im vergangenen Jahr habe Lahav inhaltliche Kritik an den Kulturtagen abgebügelt und konstruktive Vorschläge ignoriert. Lahavs Kulturverständnis habe sich als »begrenzt« erwiesen und seine moralische Integrität lasse Zweifel zu, sagt Waks. In Zukunft dürfe nicht eine einzige allmächtige Person das Programm bestimmen, sondern ein beigeordnetes Gremium mit Beschlußkompetenz. Ganz glaubwürdig ist der nachträgliche Katzenjammer allerdings nicht, denn schon vor Lahavs Ernennung haben im Kulturbetrieb kompetente jüdische Kritiker auf ein bevorstehendes Desaster hingewiesen. Auch im letzten Jahr habe Lahav einige Musikgruppen um ihre Gage betrogen. aku