Achtung: Gebrochenes Leben!

■ „Die Spielerin“, ZDF, Montag, 19.30 Uhr

Jetzt sind wir aber ordentlich betreten: So sieht das also bei Hotwollees unterm Designersofa aus. Nach außen hui: wundrotlackierte Lippen, Familienschmuck, Aktiendepots und raffinierte Mode — nach innen pfui: die Einsamkeit des modernen Menschen in der Werbebranche, die folgerichtig zu sexuellen Frustrationen führt und von da aus geradewegs in Spielbanken und Automatenhallen. Dort aber lungern dämonische Gestalten, deren Gefährlichkeit schon aus zehn Metern Entfernung zu erkennen ist: die Nüstern zwanghaft aufgebläht, die künstlich geschwollene Oberlippe Zynismus demonstrierend — und eine Zigarette, die zwischen den Lefzen wippt, signalisiert die Sucht schlechthin. Doch Claudia, Die Spielerin, verfällt diesem Satan im Knatterchargen-Look, denn Manfred Grunert (Buch und Regie) will das so haben. Er hat sich nun mal ins Thema „Sucht“ verbissen (Alkohol hatten wir schon von ihm) und möchte mit seinem Fernsehfilm verdeutlichen, wie selbst die reichsten, die allerschönsten Frauen vom Glücksspiel in den Sumpf des Lebens hinabgezogen werden.

Das dauert natürlich seine Zeit und muß ein Weg des hysterischen Leidens sein, den auch der unaufmerksamste Zuschauer noch in seiner Tragweite begreifen kann. Darum wird Claudias Niedergang — in hautengen Minikleidern und seidenen Dessous — begleitet von seufzenden Sphärenklängen auf der Tonspur und abgefahrenen Dialogen: „Du bist ein Haufen Kacke“, „Du mieser kleiner Parasit“, oder: „Du bist der wichtigste Mensch in meinem Leben. Ich muß jetzt ins Büro.“ Auch daß diese Glücksspielsucht von fern an sexuelle Lust gemahnt, will gründlich begriffen sein: „Bring's“, stöhnt Claudia in Großaufnahme vor ihrem Automaten. „Ja! Jetzt“, quetscht sie durch die burgunderrot geschminkten Lippen — aber dann kullern halt wieder bloß Geldstücke aus dem Kasten, und weiter geht's mit ihrer Sucht.

Es ist schon ein Fluch, das Spiel um Geld, aber es läßt sich nun mal so wunderbar verkunstgewerblern, wenn man sich aufs Milieu der Reichen wirft, vor dem schon meine Oma mich einst warnte: „Geld macht nicht glücklich“, sagte sie. Und das hat sich nicht nur bei Derrick und dem Alten herumgesprochen, sondern bis hin zu Manfred Grunert, der nun durch Lamellentüren filmt (Achtung: gebrochenes Leben!), in Familiensilber und Geldscheinbündeln schwelgt, in Scheckheften und edler Mode, in einer prächtig gestylten Wohnung und Kabrios — um uns zu zeigen, wie schnell das Gescheffelte zwischen dem Klacken von Automaten und „nichts geht mehr“ zerrinnen kann. „Alle Spieler sind gemein“, sagt Claudia am Ende zu ihrem kleinen Neffen, „sie verlieren alles, zum Schluß auch die Menschen, die sie lieben.“ Tja, das Lernziel quoll bei diesem Fernsehfilm vom ersten Moment an aus Claudias BodyDekolleté.

Sybille Simon-Zülch