Der Luneplate wird Natur verordnet

■ Schröder läßt Bremen im Regen stehen

“Das Entwicklungsprojekt Luneplate/Luneort ist ein zumindest in Norddeutschland einzigartiges Projekt einer geordneten Vorsorgeplanung für Gewerbe-und Industriegebiete“. Am letzten Mittwoch in der Bremischen Bürgerschaft gab sich Wirtschaftssenator Uwe Beckmeyer noch sicher, daß das größte zusammenhängende Industrieerwartungsland an der Unterweser, die bei Bremerhaven liegende Luneplate, weiter für Ansiedlungspolitik zur Verfügung steht. Gestern mochte sich Beckmeyer dann nicht zu den neuesten Nachrichten aus Hannover äußern. Dort hatte Ministerpräsident Gerhard Schröder im Kabinett vorgetragen, daß die Industriepläne auf der Luneplate weitgehend zu den Akten gelegt werden sollen.

Seit 1979 ist das gut 1.300 Hektar große Gelände durch ein Verwaltungsabkommen zwischen Niedersachsen und Bremen als Industriegebiet verplant. Rund 145 Millionen Mark wurden bislang in das Gelände investiert, unter anderem die Lune zu verlegen. Bremen war mit 23 Millionen dabei. Genutzt hat es nichts. Trotz dauernder Bemühungen war der große Industriefisch nicht an Land zu ziehen. Im Gegenteil: Gegenüber der Luneplate, bei Nordenham, und auch in Wilhelmshaven, machten Schwerindustriebetriebe pleite. Und genau dort, so gestern der stellvertretende Regierungsssprecher Michael Jürdens in Hannover, will die rot-grüne Landesregierung künftig Schwerpunkte bei der Industrieansiedlung setzen.

Trotz der Erklärung Beckmeyers in der Bremischen Bürgerschaft war dem Bremer Senat schon seit längerem klar, daß die Industrie-Pläne mit der niedersächsischen Landesregierung nicht zu machen sein würden. Im Gremium der gemeinsamen Landesplanung, in der neben hochrangigen Vertretern der Verwaltung auch der Bremerhavener Bürgerschaftsabgeordnete Wilfried Töpfer sitzt, hatte Niedersachsen schon vor Wochen erklärt, daß die Industrialiserung im großen Umfang nicht weiter verfolgt werden soll. Trotzdem wollte sich auch die Senatskanzlei gestern nicht inhaltlich äußern, da Niedersachsen die neue Position noch nicht schriftlich mitgeteilt habe. Bürgermeister Klaus Wedemeier ließ lediglich mitteilen, daß er mit Ministerpräsident Gerhard Schröder vereinart habe, vor einer endgültigen Entscheidung erst noch einmal Gespräche zu führen.

Dabei wird es dann wohl vor allem um ein kleines Trostpflaster gehen, daß die niedersächsische Landesregierung für Bremerhaven vorgesehen hat. Am Rand der Luneplate, an der Landesgrenze, soll ein 100 Hektar großer, schmaler Streifen für Kleingewerbe und Kleinindustrie vorgehalten werden. „Um den Interessen Bremerhavens entgegenzukommen“, wie Regierungssprecher Jürdens gestern formulierte.

Den Bremerhavener SPD- Chef und Wirtschaftsdezerneten Werner Lenz wird dies kaum beruhigen. Lenz hatte vor einer Woche noch einmal die Haltung des Bremerhavener Magistrats zur Luneplate bekräftigt und gefordert, daß „die Vorgebe für das Industrieerwatungsland auch vom Land Niedersachsen eingehalten werden.“ Wenn dies nicht zutreffe, werde Bremerhaven sich „mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln zu Wehr setzen.“ hbk