In Beiruts Ruinen keimt die Aufbau-Hoffnung

■ Aus der libanesischen Hauptstadt soll wieder eine Nahost-Metropole werden

Beirut (afp/taz) — Nach 16 Jahren Bürgerkrieg machen sich die Libanesen an den Wiederaufbau ihres zerstörten Landes. Nach der Entwaffnung der Milizen und dem Abschluß des libanesisch-syrischen Freundschaftsvertrags soll nun die am Boden liegende, einst florierende Wirtschaft in Schwung gebracht werden. Dabei steht der Wiederaufbau Beiruts, das einer riesigen Ruine gleicht, im Mittelpunkt: Die Stadt soll wieder eine pulsierende Metropole werden, die auf den gesamten Nahen Osten ausstrahlt.

Die Planer des nationalen „Rates für Entwicklung und Wiederaufbau“ (CDR) stehen vor einer gewaltigen Aufgabe: Allein für die Rekonstruktion des Stadtzentrums sind Kosten bis zu drei Mrd. Dollar veranschlagt. Der Bürgerkrieg hat ingesamt einen materiellen Schaden von 6 bis 12 Mrd. Dollar angerichtet. Vor allem die Infrastruktur ist völlig zerbombt. Erste Aufgabe wird sein, die Versorgung mit Wasser und Strom wieder herzustellen. Die 18 Mio., die der CDR aus einer 60-Mio.-Spende Saudi-Arabiens für den Wiederaufbau eingeplant hat, reicht kaum zur Beseitigung der gröbsten Schäden.

Trotz einer öffentlichen Verschuldung von 3,2 Mrd. Dollar ist es um die libanesische Staatskasse nicht schlecht bestellt: Sie verfügt über Goldreserven in Höhe von 3,5 Mrd. Dollar. Auf libanesischen Konten befinden sich 3,2 Mrd. Devisen- Dollars, zu denen mehr als eine Mrd. libanesische Pfund hinzukommen. Der Präsident der libanesischen Bankenvereinigung, Georges Achi, setzt aber vor allem auf das „enorme Finanzpotential“ der libanesischen Diaspora. Der „Schatz“ libanesischer Auslandsinvestitionen wird immerhin auf bis zu 30 Mrd. Dollar geschätzt.

Während die jüngsten Besuche des italienischen Ex-Regierungschefs Craxi und des britischen Staatssekretärs Hogg zu Verhandlungen über die festgehaltenen Geiseln bereits als „Ende der Quarantäne“ gefeiert werden, sieht man in der Rückkehr mehrerer Fluglinien und der Wiedereröffnung der 1982 geschlossenen UN-Büros ein Zeichen des beginnenden Aufschwungs. Finanzkreise haben unterdessen die zaghafte Rückkehr arabischer Kunden, allen voran Saudis und Kuwaiter, auf den Immobilienmarkt ausgemacht. Die Preise klettern; es geht bereits die Furcht vor Finanzhaien um, die sich verlassenen Besitz aneignen könnten. Der Optimismus von Wirtschaft und Banken aber gründet sich hauptsächlich auf den einst guten Ruf der Hauptstadt als liberaler Handelsplatz mit ausgefeiltem Banken- und Finanzsystem.

Trotz aller Hoffnungsschimmer weiß niemand, wie die katastrophalen Bürgerkriegsfolgen für die Bevölkerung bewältigt werden können. Tausende Libanesen flohen ins Ausland, darunter führende Experten und Wissenschaftler. Das Qualifikationsniveau ist extrem gesunken. Ein Drittel der Bevölkerung gab sein Zuhause auf, Tausende leben heute in provisorischen Unterkünften. In einem Viertel der bewohnbaren Häuser leben Menschen, denen die Wohnungen gar nicht gehören.