Zehn Jahre Haft für Ershad

Ex-Präsident Bangladeschs wegen illegalen Waffenbesitzes verurteilt/ Armee hatte Ershad nach massiven Protesten der Opposition fallengelassen  ■ Von M. Ahmed/D. Reinhardt

Dakka (taz) — Für zehn Jahre soll der ehemalige Regierungschef Bangladeschs, General Ershad, ins Gefängnis. Gestern sprach das Stadtgericht Dakkas das Urteil im ersten Verfahren gegen den im Dezember vergangenen Jahres nach massiven Protesten zurückgetretenen General. Die Anklage hatte auf illegalen Waffenbesitz gelautet. Der Rechtsanwalt Ershads kündigte an, er werde in die Berufung gehen. Ein weiterer Prozeß wegen Unterschlagung und Veruntreuung von Staatsgeldern läuft noch. Auch gegen seine Ehefrau und neun frühere Minister der Ershad Regierung sind Verfahren eingeleitet worden.

Während des Prozesses verteidigte sich Ershad mit dem Hinweis, die Waffen seien „Geschenke“ der Regierungen des Jemen und des Irak. Ein Angehöriger der irakischen Botschaft bestätigte dies vor Gericht.

Ershad beabsichtigte, wie jetzt aus Armeekreisen bekannt gworden ist, Anfang Dezember, nachdem er der Opposition freie und faire Wahlen angeboten hatte, aus dem Land zu fliehen. Doch weder die französische Botschaft noch die der USA und der Vereinigten Emirate, zeigten sich geneigt, Ershad ein Visum auszustellen oder Asyl zu gewähren.

Ershads Rücktritt am 4. Dezember war auf Druck der Armeeführung geschehen. Die Botschaft der USA und der Bundesrepublik setzten sich in Rücksprache mit der Armee ebenfalls für seinen Abgang ein. Die meisten Armeegeneräle waren nicht bereit, für eine Flucht Ershads die Verantwortung zu übernehmen. Vier Generäle, Anhänger von Ershad, wurden ebenfalls verhaftet. Die neue Armeeführung befürchtete, daß sich die Opposition gegen Ershad schließlich zu einer Bewegung gegen die Armee entwickeln könnte. So wurde er unter Hausarrest gestellt und kurz nach der Parlamentswahl im Februar verhaftet. Er befindet sich seitdem im Zentralgefängnis von Dakka, in dem jahrelang Tausende von Oppositionellen einsaßen.

Mit der Verhaftung von General Ershad und der Etablierung einer neuen Armeeführung ging eine neunjährige Ära zu Ende. Schon bald nach dem Putsch, mit dem der General 1982 an die Macht kam, zeigte Ershad seine Fähigkeit, über ein Pfründesystem die vollständige Unterstützung der Armee sicherzustellen. Zugleich gelang es ihm, die Opposition durch Erschießung von Demonstranten, Kriegsrecht, Bestechung und Angeboten an Machtbeteiligung zu verunsichern und zu spalten. International konnte er seine Legitimität seines Regimes durch massiv manipulierte Wahlen absichern.

Während des Ershad-Regimes erhielt das Land insgesamt sieben Milliarden US-Dollar an internationaler Entwicklungshilfe. Persönlich griff er immer wieder in die Gestaltung von einzelnen Entwicklungshifeprojekten und die Verwendung von Hilfsgeldern ein. Protzige Privatwohnungen, ein auf mehrere hundert Millionen US-Dollar geschätzes Privatvermögen, die größtenteils auf ausländischen Konten gelagert wurden, und die Beteiligung am internationalen Haschisch-Handel ließen ihn zu einem Despoten werden, der von der Bevölkerung Bangladeschs mit Noriega und Marcos verglichen wird. Schließlich führte seine öffentlich zur Schau gestellte Eitelkeit — von ihm verfaßte Gedichte und Lieder wurden häufig im Fernsehen aufgeführt — und seine Frauenaffären dazu, daß er in der Bevölkerung zu einer gehaßten Person wurde.