Brennende Strohpuppe

■ Wirtschaftsminister Jürgen W. Möllemann wurde von Bergleuten symbolisch am Galgen verbrannt

Bochum/Düsseldorf (taz) — Die Strohpuppe ging am provisorisch errichteten Galgen auf dem Werksgelände der Bergkamener Zeche „Haus Aden“ am vergangenen Freitag schnell in Flammen auf. Die darauf folgenden politischen Eruptionen währen länger. Zurecht, denn symbolisch verbrannt wurde von den Bergleuten ein Mensch, in diesem Fall der Bonner Wirtschaftsminister Jürgen Möllemann.

Ganz gleich, ob sich da spontan der Volkszorn ein Ventil gesucht hat oder ob es sich um eine kühl kalkulierte Provokation handelte, eine perfide Aktion war die von den Bergleuten beklatschte symbolische Verbrennung in jedem Fall. Die Grünen vor Ort erinnerten daran, daß das symbolische Verbrennen von Stoffpuppen und Büchern in Deutschland „eine schlimme antidemokratische Tradition hat“.

Anläßlich einer Landtagsdebatte über die zukünftige Kohlepolitik zogen am Mittwoch etwa 600 Bergleute mit einem dunklen Sarg, der die Aufschrift „Möllemann“ trug, durch die Düsseldorfer Innenstadt. Wollten die Demonstranten damit zeigen, daß Möllemann, der die Subventionen für den Steinkohlebergbau drastisch kürzen will, ihrer Meinung nach den Bergbau zu Grabe trägt oder daß er selbst in den Sarg gehört?

Wenn letzteres, dann hätte die Industriegewerkschaft Bergbau und Energie (IGBE), die die Puppenverbrennung inzwischen als „Entgleisung“ bezeichnet hat, „für die wir überhaupt kein Verständnis haben“, erneut Grund sich zu Wort zu melden. Wer, wie die IGBE, nicht will, daß die „berechtigten Proteste gegen die Kahlschlagpläne von Bundeswirtschaftsminister Möllemann“ diffamiert werden, muß sich gegen die Totschlagsphantasien vernehmlich zu Wort melden.

Das gilt auch für den Betriebsrat der Zeche Haus Aden, der die Puppenverbrennung lediglich als „nicht schön“ bezeichnete und auf die „große Unruhe in der Belegschaft“ über die Möllemann-Pläne zurückführte. Man hoffe, „die Kollegen bei künftigen Protesten im Zaum halten zu können“. Walter Jakobs