Schein-Ehe mit Hindernissen

■ Hitchcock als Komödienregisseur — „Mr. und Mrs. Smith“ um 23.50 Uhr in der ARD

Der Regisseur selbst fand nur abschätzige Worte für die erste Ehekomödie seiner Laufbahn. Er habe das Drehbuch halt so runtergedreht, äußerte Hichcock über Mr. und Mrs. Smith, einen Stoff, den er nur der Hauptdarstellerin Carole Lombard zuliebe übernommen hatte.

Carole Lombard, seit 1939 Mrs. Clarke Gable, war dank Howard Hawks'Napoleon vom Broadway (Originaltitel: Twentieth Century) zum Star der Screwball Comedies aufgestiegen. Als selbstbewußte und schlagfertige, aber meist grundgütige Blondine hatte sie die Herzen der Kinobesucher erobert. Der Humor, den sie in ihren Filmen bewies, war ihr auch privat zu eigen. Dafür spricht eine Anekdote von den Dreharbeiten zu Mr. und Mrs. Smith. Hitchcock hatte einmal in einem Interview alle Schauspieler pauschal als „Rindviecher“ bezeichnet. In Anspielung darauf ließ Carole Lombard am ersten Drehtag drei Kälber ins Studio holen und mit den Namensschildchen „Carole Lombard“, „Robert Montgomery“ und „Gene Raymond“ versehen — das war die Art Humor, die der kleine dicke Brite sehr schätzte, weshalb die Lombard auch zu den wenigen weiblichen Stars gehörte, die mit dem mehr oder minder heimlichen Frauenverächter Hitchcock zurechtkamen.

Um Mr. und Mrs. Smith drehen zu können, mußte sich die Produktionsfirma RKO den gewünschten Regisseur ausleihen. Hitchcock stand nämlich unter Vertrag bei David O. Selznick, der nach seinem Kraftakt Vom Winde verweht eine längere Pause eingelegt hatte und nicht schlecht davon lebte, die per Kontrakt an ihn gebundenen Regisseure und Schauspieler, darunter Stars wie Ingrid Bergmann und Vivien Leigh, an andere Produzenten auszuleihen. Möglicherweise inspiriert vom „Fall Chaplin“, dessen Ehe mit Paulette Goddard nur von einem Schiffskapitän geschlossen worden war und deshalb in Hollywood als nicht rechtskräftig galt, schildert der profilierte Drehbuchautor Norman Krasna in seiner Komödie die Erlebnisse eines jungen Paares, das aufgrund eines Formfehlers nicht wirklich verheiratet ist. Die beiden Ehegatten mit dem Allerweltsnamen Smith leben zuvor schon in einer recht unruhigen Beziehung. Den häufigen Zankereien versuchen sie mit einer diplomatischen Regelung beizukommen: Im Falle einer Auseinandersetzung dürfen beide bis zur Beilegung des Streits das gemeinsame Schlafzimmer nicht mehr verlassen. Das führt dazu, daß David Smith in seiner Anwaltskanzlei mitunter tagelang nicht anzutreffen ist... Als nun der Behördenirrtum offenbar wird, rechnet Ann Smith mit einer baldigen Wiederholung der diesmal möglichst unanfechtbaren standesamtlichen Prozedur. Doch ihr Lebensgefährte David scheint gar kein Interesse zu haben an einer erneuten Trauung, weshalb er unverzüglich den Laufpaß bekommt. Zu seinem Leidwesen muß er erkennen, daß auch andere Männer an seiner attraktiven Beinahe- Gattin Interesse zeigen. Von nun an tut er alles, seinen Nebenbuhlern das Leben möglichst schwer zu machen. Ann Smith revanchiert sich, und dieser Kampf der Geschlechter gibt dem Regisseur reichlich Gelegenheit, seinem perfiden Witz freien Lauf zu lassen.

Mr. und Mrs. Smith war der vorletzte Film Carole Lombards, die im Januar 1942 bei einem Flugzeugunglück ums Leben kam. Herr Dittmeyer