Unkontrollierte Geldvermehrung

■ Kreditbetrug im März/ Jetzt erhöhte Sparkasse in Halle per Rundschreiben Zinssätze von neun auf 14 Prozent/ Sparkassenchef: „ein Versehen“/ Computerfehler oder unsauberes Geschäft?

Halle. Sorgt die Stadt- und Saalkreissparkasse Halle wieder für Aufregung? Das Bankinstitut geriet bereits im März wegen eines Kreditbetrugs in die Schlagzeilen. Verursacht wurde der Schwindel von unseriösen Geschäftemachern aus dem Westen. Jetzt trudelt das Kreditunternehmen erneut in undurchsichtigen Geschäftsgefilden.

Jetzt erst wurde bekannt, daß die Sparkasse ihre Kunden per Rundschreiben über die Erhöhung des Zinssatzes von neun auf 14 Prozent informierte. Nach vorliegenden Informationen geschah dies ohne Zustimmung der einzelnen, zumeist Kleinkunden aus der ehemaligen DDR.

Davon betroffen sind auch einige Dutzend Neuunternehmer, die einen Kredit bis zu 50.000 Mark aufgenommen haben, um bei einer Leasing-Firma einen Kleintransporter zu kaufen und sich so eine neue Existenz aufbauen zu können. Die Kreditverträge waren aber nach der Währungsunion im vergangenen Jahr noch mit einem Zinssatz von acht bis neun Prozent vergeben worden, hieß es seitens des Autounternehmens. Als die Auto-Leasing von Kunden über diese Geschäfte erfuhr, hatte sich die Firma bereits Mitte April das erste Mal mit der Geschäftsleitung der Sparkassen in Verbindung gesetzt, um diese einige Tausend Mark umfassende finanzielle Verschlechterung für die Betroffenen umgehend rückgängig zu machen. Dies erklärte auf Anfrage der Vorsitzende des Aufsichtsrates des Unternehmens, Claus-Peter Engel. Das Kreditinstitut habe dazu erklärt, dies sei „durch einen technischen EDV-Fehler entstanden“ und die davon betroffenen Kunden würden eine Gutschrift gegenüber dem ursprünglich vertraglich vereinbarten Zinssatz erhalten. Da dies manuell geschehe, sei mit einer gewissen Verzögerung zu rechnen. Auf den ersten Blick eine einleuchtende Auskunft, wenn es in diesem Zusammenhang nicht auch andere Aussagen geben würde.

Die belegen, daß die Sparkasse in Gesprächen ebenso äußerte, wer diesen Computerfehler nicht selbst bemerke und reklamiere, erhalte keine Gutschrift. Erhebt sich die Frage: Wollen hier die großen Wessi-Geschäftsleute des Bankvorstandes nunmehr den kleinen ahnungslosen Ossi über den Tisch ziehen? Die Stadt- und Saalkreissparkasse Halle hat die Vorwürfe jedenfalls zurückgewiesen. Es sei falsch, daß das Kreditinstitut die erhöhten Zinsen nicht selbst zurücknehmen wolle, sagte Vorstandsvorsitzender Friedrich Stumpf. Die Mitarbeiter der Sparkasse würden bereits selbst die Kreditkonten überprüfen. Es bleibe beim vereinbarten Zinssatz von acht bis neun Prozent, versicherte er. Gleichzeitig bat der Sparkassenchef um Verständnis, daß bei der Umstellung vom alten DDR-EDV-System auf das Datenverarbeitungssystem der Sparkassen ein Eingabefehler passiert sei.

Aber die Überprüfung aller Konten sei mit einem sehr großen Arbeitsaufwand verbunden, teilte Stumpf weiter mit. Die betroffenen Kunden seien daher gebeten worden, sich selbst bei der Bank zu melden, da dadurch die falschen Kreditzinsen schneller gefunden werden könnten. Man könne davon ausgehen, daß von den insgesamt 30.000 Konten, die überprüft werden müßten, bei etwa 1.000 falsche Zinssätze eingetragen worden seien.

Hoffentlich bleibt dieser banktechnische Vorgang der Stadt- und Saalkreissparkasse letztlich wirklich nur ein Be- und Verarbeitungsproblem. Die bereits Anfang Mai abgesandten Beschwerden von Kunden mit Bitte um Richtigstellung des Zinssatzes blieben allerdings bis heute unbeantwortet. adn