Kurz mal nicht aufgepaßt: Abriß!

■ Kaffee-HAG-Fabrik im Hafen wird niedergerissen / Ungeschütztes Architekturdenkmal

Kaum paßt Du mal zwei Minuten nicht auf, da hast du den Salat. Da machen die Bonzen schon wieder, was sie wollen. Haben vor ein paar Wochen angefangen, ihr schönes Fabrikgebäude am Fabrikenufer im Holzhafen abzureißen, die Banausen von Kaffee HAG.

Der Pressesprecher von Kaffee HAG, Thomas Becker, sagt zwar, von der architektonischen Bedeutung der Fabrik hätte niemand beim Konzern etwas gewußt. Doch glauben wir ihm das? Immerhin ist das Gebäude im Hafengebiet Gröpelingen im Bremer Architekturführer genau beschrieben.

Veranlaßt wurde der Bau — im Jahre 1907 in einer für damalige Verhältnisse gewagten Eisenbeton-Konstruktion ausgeführt — durch den Bremer Kaffee-Magnaten und Böttcherstraßen-Inspirator Ludwig Roselius. „Dieser Industriebau markiert in Bremen den Durchbruch der modernen Architektur“, ist im Architekturführer zu lesen. Aber wahrscheinlich beschäftigen sich die Chefs bei Kaffee HAG nur mit Kultur, wenn es darum geht, ihr coffeinfreies Kaffee-Gebräu unter die Leute zu bringen.

Und haben wir nicht schon des öfteren geäußert, daß wir nicht noch mehr von diesen Standard- Gebäuden in unserer Stadt haben wollen, die überall auf der Welt gleich aussehen und die Kaffee HAG irgendwann vielleicht auf die freigeräumte Fläche setzen wird?

Wenn Du nicht alles selbst machst, klappt gar nichts. Wußte mal wieder keiner bei den Behörden, daß da abgerissen werden sollte. Mußt Du echt überall selbst hingehen und denen das vor den Arsch tragen. Nur das Bauordnungsamt war im Bilde, die haben ja vor zwei Jahren den Abriß genehmigt. Aber weitererzählt haben die es natürlich niemandem. Behaupten jedenfalls alle anderen.

Das Ortsamt in Gröpelingen will nichts gewußt haben, die bremischen DenkmalschützerInnen waren nicht im Bilde und der Chef der Genehmigungsbehörde, der Bausenator schon gar nicht. Da haben die Chefs von Kaffee HAG wieder so richtig gekungelt mit dem Sachbearbeiter vom Bauordnungsamt.

Als wenn wir denen nicht schon immer erzählt hätten, daß alte Fabrikgebäude noch zu was anderem gut sind als zum Abriß. Manche Leute brauchen nämlich große Wohnungen, die da mit ein bißchen Fantasie gut reinzubauen sind. Manche Leute brauchen auch überhaupt eine Wohnung. Es gibt nämlich viel zuwenige heutzutage. Und dann gibt es noch MusikerInnen und Theaterleute, die auch nicht nein sagen, wenn ihnen jemand große Räume anbietet.

Aber nein, erstmal leerstehen lassen, so eine Fabrik, dann weghacken, das Gelände für ein paar Jahre brachliegen lassen und später Kaffesäcke in Nullachtfünfzehn Beton lagern. och