Bangen vor dem 1. Juli

■ Unzähligen Flüchtlingen droht Abschiebung

Bonn (taz) — Vor einer „Eskalation“ des Asylproblems ab 1. Juli warnte gestern in Bonn Herbert Leuninger, Sprecher der bundesweiten Arbeitsgemeinschaft „pro asyl“. Tausende sogenannter De-facto- Flüchtlinge — Menschen also, die hier kein Asyl bekommen haben und dennoch etwa aus humanitären Gründen bleiben durften — können nach dem neuen Ausländergesetz von diesem Tag an ausgewiesen werden. Der Grund: Der generelle Abschiebestopp für bestimmte Flüchtlingsgruppen gilt nicht mehr. Nun muß jeder Flüchtling, dem hierzulande kein Asyl gewährt wird, konkret nachweisen, daß er nach einer Abschiebung von der Situation in seinem Heimatland unmittelbar gefährdet wäre. Bisher konnten die Bundesländer generelle Abschiebestopps verhängen. Ab dem ersten Juli dürfen sie es nur noch für sechs Monate — falls das Bundesinnenministerium nicht mit einem längerfristigen Stopp einverstanden ist. Herbert Leuninger sowie Konrad Weiss, Abgeordneter der Gruppe Bündnis 90/Grüne, appellierten deshalb gestern dringlich an Bundesinnenminister Schäuble sowie die Innenminister der Länder, sich auf eine Liste der Länder zu verständigen, in die generell nicht abgeschoben werden darf, bis ihre Regierungen die Menschenrechte einhalten. Daß Innenminister Schäuble sich darauf einlassen wird, ist wenig wahrscheinlich: Schon vor Wochen hat er intern kundgetan, daß es für keine Ausländergruppe mehr nötig sei, Abschiebestopps von mehr als sechs Monaten zu verhängen. Ferdos Forudastan