Diskriminierung ehelicher Kinder

■ Betr.: "Gemeinsammes Sorgerecht auch ohne Trauschein", taz vom 13.6.91

betr.: „Gemeinsames Sorgerecht auch ohne Trauschein“,

taz vom 13.6.91

Die familienpolitische Tragweite der Außerkraftsetzung des Paragraphen 1738/1 BGB durch das BVG ist kaum zu fassen, weil dieses nun mögliche, gemeinsame Sorgerecht für nichteheliche Kinder bei Trennung der Eltern nicht automatisch Gegenstand eines Gerichtsverfahrens wird. Vermutlich wird dieses auf Antrag erhaltene Sorgerecht auch erst auf Antrag hin wieder zur Disposition gestellt.

Da aber nach Art. 3 GG kein Mensch seiner Abstammung wegen benachteiligt werden darf, muß die automatische Sorgerrechtsverhandlung auch aus dem Scheidungsverfahren heraus, alles andere würde eine drastische Diskriminierung der ehelichen Kinder bedeuten.

Anwälte, welche sich bisher am Sorgerechtsstreit konfliktverschärfend eine goldene Nase verdient haben, werden fortan im Regen stehen und das neue Kinder-und-Jugendhilfe-Gesetz mit seiner familientherapeutischen Ausrichtung auf Dialog (und nicht Konflikt) wird weiter an Gewicht gewinnen!

Am Rande der Verlautbarungen zum BVG-Urteil war zu erfahren, daß die Bundesregierung nun doch von der „Hau-ruck“-Ratifizierung der UN-Kinderkonvention (mit den durch die CDU-regierten Ländern Bayern und Baden Württemburg eingebrachten, völkerrechts- und verfassungswidrigen Vorbehalten bezüglich nichtehelichen und geschiedenen Kindern) absehen will. Sollte der in Artikel 9 dieser Konvention formulierte Anspruch des Kindes auf Erhalt beziehungsweise Herstellung von Beziehungen zu beiden Elternteilen nun doch auch in unserem Land für alle Kinder gelten?

Zusammen mit der Diskussion über Kindergartenplätze, Erhöhung und Verlängerung des Erziehungsgeldes und so weiter, kann man sich des Eindrucks kaum erwehren, der noch gestern reine Phathasterei war: Wir sind auf dem Weg ein kinderfreundliches Land zu werden.

Mein herzlichster Dank geht an die Richter in Karlsruhe und an alle an dem Verfahren beteiligten Personen. Heiner Szubries, Väteraufbruch für Kinder, Kleve