■ Mother's Finest

»Wir lieben unsere Musik«, erzählt Joyce Kennedy, optischer und gesanglicher Mittelpunkt des schwarzen Quintetts Mother's Finest. Das ist doch das Mindeste und sollte eigentlich selbstverständlich sein, wenn sich jemand auf die Bühne stellt und dafür bezahlen läßt. Bescheiden weiß das »Energiebündel« Kennedy, daß sie »in der besten Band der Welt« agiert. Ehemann Glenn Murdock behauptet: »Wir bleiben die Innovatoren des Funkrock.«

Ein Glück, daß Charts und Grammys nicht der Maßstab aller Dinge sind, wie uns normalerweise die Plattenfirmen glauben machen wollen. Denn danach gemessen wären Mother's Finest so ziemlich die unbedeutendste Gruppe der schwarzamerikanischen Musikgeschichte, die seit 1942 in den Hitparaden des Brachenblattes Billboard erfaßt wurde.

1970 in Chicago formiert, verband das Sextett um die Eheleute Kennedy/Murdock Soul, Disco und Funk mit Rock (wie abgedroschen sich das schreibt). Naja, jedenfalls schafften sie 1977 mit »Baby Love« erstmals den Sprung in die nach Hautfarbe getrennten Charts (Wer sagt da, es gäbe keine Apartheid in den USA?): Platz 79 der schwarzen »Hot Soul Singles« und Nummer 58 der weißen »Hot 100«. Im Jahr darauf tauchten sie noch zweimal in den schwarzen Charts auf mit »Don't Wanna Come Back« (Platz 64) und »Love Changes« (26). Es war aber ihre Bühnenpräsentation, die sie im selben Jahr zum »Rockpalast« nach Deutschland brachte. Danach war die Gruppe — folgt man den Billboard-Charts — zwar nicht mehr existent, aber brachte ein paar LPs heraus, »Live« und »Another Mother Further«. Sollten dieser Titel und der groß auf dem Cover prangende »MF«-Schriftzug im Heavy Metal-Stil etwa ein gängiges Slangwort suggerieren?

1984, ein Jahr nach der Auflösung von Mother's Finest, machte sich Sängerin Joyce »Baby Jean« Kennedy musikalisch selbstständig, landete im Duett mit Jeffrey Osborne (ehemals Leadsänger von L.T.D.) und dem Titel »The Last Time I Made Love« auf Platz 2 der schwarzen Soul-Charts und gerade mal auf dem letzten Rang der weißen Pop Top 40. Zwei weitere Singles folgten auf den unteren Rängen.

Dann war lange nichts mehr zu hören. Erst vor zwei Jahren tauchten Mother's Finest wieder auf: Auf Deutschlandtournee mit der »Black Beat Night« heimsten sie mehr Beifall ein als Chaka Khan. Bassist Jerry »Wizard« Seay, von Anfang an dabei: »Unsere Stärken im Konzert kennen wir genau«. Das zumindest ist nicht übertrieben. Text + Foto: G.Hessig

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