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■ Netter Geburtstagsgruß * Die Bertelsmänner, So., 22.35, ARD

Als in den ausgehenden 60er Jahren die Studentenbewegung sich mit den Massenmedien und ihrer vermeintlichen Manipulationsmacht stürzte, da stand nur immer einer im Kreuzfeuer der Kritik: Axel Cäsar Springer mit seiner 'Bild-Zeitung‘. Reinhard Mohr, der Chef des Hauses Bertelsmann, der durch seinen Buchclub groß geworden ist, blieb nahezu unbehelligt. Das lag nicht zuletzt daran, daß er sich bei seinem publizistischen Engagement in Sachen Parteipolitik neutral verhalten hatte. Doch spätestens, seit die Konzentration auf dem Medienmarkt immer beängstigendere Formen angenommen hat, geht es nicht mehr um die Frage, wie ein einzelnes Medium die öffentliche Meinung bestimmt, sondern darum, in welchem Maße das Zusammenspiel von Print-, Bild- und Speichermedien eine viel subtilere Wirkung entfaltet.

Jetzt, wo das Bertelsmann-Imperium nahezu gigantisch geworden ist, war es also an der Zeit, die Strukturen dieses Konzerns zu analysieren. Doch zu sehr ist der Autor von der schönen Fassade des Medienkonzerns fasziniert, zu sehr ist er der oberflächlichen Darstellung verhaftet geblieben, als daß er dazu gekommen wäre, den potentiellen Gefahren einer solchen Medienmassierung nachzuspüren. So blieb die Frage, auf welcher Basis das Buchclub-System — das selbst in Spanien Furore machte — funktioniert, ebenso ausgespart, wie die nach der wirtschaftlichen und politischen Wirkung des Konzerns. Auch erfuhren wir wenig darüber, wie ein solcher Konzern zusammengehalten wird.

Am Ende weiß der Zuschauer, daß dieses weltweite Medienhaus das größte Europas und das zweitgrößte der Welt ist, daß es 45.000 Mitarbeiter hat, die in 200 Firmen in 30 Ländern einen jährlichen Umsatz von 14 Milliarden DM erwirtschaften. Er bekommt einen Einblick in die Familiengeschichte und er erfährt, daß Reinhard Mohn demnächst 70 wird und aus dem Unternehmen ausscheidet. Der Zuschauer erfährt weiter, daß für diesen Mann nur eines gilt, und das ist Arbeit und Leistung. Von der Macht des Imperiums erfährt er nichts.

Dazu ein paar nette Aufnahmen aus Gütersloh, dem Stammhaus der Bertelsmänner, kleine Einblicke in die Verlagshäuser in Barcelona, Paris und New York, ein Blick ins Verlagsregal, ein paar Interview- Schnipsel mit den wohldotierten Chefs und das wars dann auch schon.

Was gibt es schöneres für einen Verleger, als an seinem Lebensabend von einem öffentlich-rechtlichen Medium eine Würdigung zu erfahren. Denn was da als Porträt einer Medienmacht annonciert über den Bildschirm kam, das wird dem Verleger aus Gütersloh wohl gemundet haben. Besser werden das auch seine eigenen Leute nicht hinkriegen. Wie? Das werden wir sehen, demnächst bei RTLplus, dort nämlich ist Bertelsmann mit 37 Prozent beteiligt.Karl-Heinz Stamm