Fliegenplage

■ Sterilisierte Männchen sollen die Weibchen abschaffen

Eigentlich ist sie nur eine Fliege: blaugrün schimmernd mit orangerotem Kopf, kaum größer als unsere Stubenfliege. Harmlos wie eine Biene ernährt sie sich vom Blütennektar: die Schraubenwurmfliege der Neuen Welt (Cochliomyia hominivorax). Doch in Libyen hat sie im vergangenen Jahr zahllose Schafe, Rinder, Ziegen, Kamele, Esel, Pferde und Hunde an einer eiternden Wundinfektion qualvoll verenden lassen. Beim Menschen wurden bisher nur acht Fälle bekannt, die problemlos behandelt werden konnten.

Es ist nicht die Fliege, sondern ihre Larve, der Schraubenwurm, der den Tod bringt. Angezogen vom Geruch des Blutes oder der Lymphflüssigkeit des Tieres — Verletzungen ergeben sich beim Scheren, Enthornen, Brandmarken und Kastrieren — legt das Weibchen seine rund 600 Eier in offene Wunden. Binnen weniger Stunden schlüpfen schraubenförmige Larven, die sich weit in das Fleisch hineinfressen. Der Geruch des infizierten Gewebes lockt immer mehr Weibchen zum Eierlegen an. Nach einer knappen Woche winden sich die Larven aus den schwer entzündeten, tiefen Wunden, lassen sich zu Boden fallen und verpuppen sich unter der Erdoberfläche. Wenn es warm ist, schlüpfen die Fliegen schon nach sieben Tagen wieder und befallen andere Tiere.

Im Winter ging die Zahl der krankenTiere deutlich zurück, da die Fliege unter 15 Grad Celsius nicht so aktiv ist. Im kommenden Sommer wird mit einer Explosion der Plage gerechnet. Weil sich diese Fliege in feucht-warmem Klima rasend schnell vermehrt und bis zu 200 Kilometer weit fliegen kann, sind nicht nur Libyen und seine Nachbarn gefährdet. Experten befürchten, daß der Parasit auf Schiffen nach Südeuropa und dem Landweg in den Nahen Osten und nach Asien vordringen könnte.

Um das zu verhindern, hat die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) im Februar ein großangelegtes, biologisches Schädlingsbekämpfungsprogramm zur ihrer Ausrottung gestartet. Seit Februar werden aus Kleinflugzeugen ein- bis zweimal wöchentlich über den befallenen Gebieten schuhkartongroße Boxen abgeworfen, die sich im Fall öffnen und insgesamt rund 50 Millionen sterile Männchen freigeben. Sie wurden in Mexiko mit Gammastrahlen sterilisiert.

Die sterilen Männchen sollen sich mit den Weibchen paaren, die dann unbefruchtete Eier legen. Das Verfahren gilt als erfolgreich, weil sich die Weibchen in der Regel nur einmal begatten lassen und nach der Ablage der letzten Eier sterben. Die Männchen paaren sich bis zu sechsmal.

Die Sterilisation von Fliegen halten Mitarbeiter der FAO aufgrund der positiven Erfahrungen in den USA und Mexiko, wo die Fliege ursprünglich herkommt, ökologisch für unbedenklich: „Das ist allemal besser, als die Fliegen mit hochgiftigen Insektiziden zu bekämpfen.“ Plutonia Plarre