Raststätten-Affäre: Diepgen mischte mit

■ Der damalige CDU-Oppositionschef setzte sich bei Lizenzvergabe für Autobahn-Raststätten ein/ 300 Millionen Mark Schaden für den Staat

Berlin/Bonn. Neben Bundesverkehrsminister Günther Krause ist auch der Regierende Bürgermeister Eberhard Diepgen (beide CDU) in die Raststätten-Affäre verwickelt. In den letzten vier Wochen der souveränen DDR waren 41 Raststättenstandorte unter dubiosen Umständen verschachert worden, von denen Diepgen vier an der Autobahn 1 in Rangsdorf und Falkensee, an der A 7 in Ronneburg sowie an der A 11 bei Magdeburg an die Hotelkette »Van der Valk« vermittelte. Der damalige DDR-Verkehrsminister Horst Gibtner (CDU) verzichtete auf die üblichen Konzessions- und Gewinnabgaben — der Bundesrepublik entsteht durch die fehlenden Pachtabgaben ein Schaden von jährlich etwa 60 bis 70 Millionen Mark pro Standort, insgesamt knapp 300 Millionen Mark.

Besonders pikant dabei: der Vertrag, den Diepgens Kanzlei in der Nürnberger Straße 67 ausgearbeitet hatte, wurde fünf Tage vor der Wiedervereinigung, am 28. September letzten Jahres, unterzeichnet. Diepgens Sozius Gerhard Bollmann handelte bei der zuständigen Autobahndirektion neben dem ungewöhnlichen Verzicht auf die Pachtabgaben auch heraus, daß Van der Valk »vordringlich das Eigentum an den Objekten eingeräumt wird«. Sollte dies rechtlich nicht möglich sein, werde dem Unternehmen ein 99jähriges Erbbaurecht eingeräumt, heißt es weiter in dem Vertrag, der der taz vorliegt. Bollmann wußte vermutlich, daß Grundstücke an Autobahnen im Besitz des Staates verbleiben. Aber nicht nur der Vertrag wurde kurz vor Toresschluß unterzeichnet, die Vereinbarung selbst ist offenbar in großer Eile geschrieben worden — überall wimmelt es von Rechtschreibfehlern.

Diepgen, damals Rechtsanwalt und CDU-Oppositionsführer, hatte sich bereits im Juli bei Gibtner für die Lizenzvergabe an das Unternehmen aus Moers eingesetzt. In dem Schreiben heißt es: »Ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie einen Termin zur Besprechung mit der Unternehmensgruppe einräumen würden. An diesem Termin würde ich teilnehmen.« Er glaube, so schreibt Diepgen weiter, »wir werden uns am Wochenende bei Dankwart Buwitt [heute Berliner CDU-Bundestagsabgeordneter, d. Red.] absprechen können«. Nach Informationen der Hamburger Illustrierten 'Stern‘ inspizierte Diepgen sogar zusammen mit dem damaligen Ministerpräsidenten Lothar de Maizière und Polizeieskorte Rastanlagen.

Jochen Müller vom Deutschen Hotel- und Gaststättenverband, zuständig für die westdeutschen Autobahnraststätten, spricht im Zusammenhang mit der Konzessionsvergabe der 41 Raststätten »von vornherein betrügerischen Absichten«. Doch ein Verfahren wegen des Verdachtes auf Bestechung und Untreue mußte die Berliner Staatsanwaltschaft vor drei Tagen einstellen, weil Müller bisher keine gewichtigen Indizien dafür erbracht haben soll.

Gestern kündigte Bundesverkehrsminister Krause nach einem Gespräch mit allen Fraktionen an, daß er die Rechtswirksamkeit der Standort-Verträge durch externe Rechtsgutachten prüfen lassen wolle. Dirk Wildt