Aus Sicht der Banken ist bei Frauen nichts zu holen

Die Finanzwelt glänzt durch Abwesenheit auf der ersten Messe in Deutschland, auf der die Leistungen von Frauen ab heute thematisiert werden  ■ Von Angelika F. Pfalz

Düsseldorf (taz) — Allgemeine Frauen-Industrie-Ausstellung, Berlin im Jahre 1868: Gab es damals schon eine Leistungsschau weiblichen Erfindergeistes? Etwa von Frauen konstruierte Maschinen, Lokomotiven, Schmelzöfen? Was zunächst nach industrieller Revolution klingt, entpuppt sich auf den zweiten Blick als Kind seiner Zeit, als Verkaufsausstellung für alle Arten weiblicher Handarbeiten, künstlicher Blumen und Porzellanmalereien.

In Düsseldorf anno 1991 dagegen soll es nicht um Häkeldeckchen gehen: „Top '91 — Frauen machen Messe und Kongreß“ wird eine Gesamtschau, auf der ab heute Frauen zeigen, was sie leisten; auf der Unternehmen, Verbände, Organisationen und Initiativen präsentieren, wie sie Frauen fördern oder sich für ihre Anliegen einsetzen. So die Absicht.

Der Kurs zum „Identity Styling“ ist schon ausgebucht, bevor die Messe überhaupt ihre Tore öffnet. Und wer nach dreieinhalb Stunden für 180 Mark die Frage „Zur Chefin geboren?“ klipp und klar mit ja beantworten kann, die kann sich das Geld für den Kurs „Entfaltungstraining für Frauen“ sparen und besser gleich in „Die Frau und das Aktiengeschäft“ anlegen. Für den Kongreßbereich haben sich bislang 1.500 Teilnehmerinnen angemeldet.

Der Gedanke einer Frauenmesse ist aus Schweden importiert. Dort ist sie schon dreimal gelaufen, allerdings ausschließlich von Frauen für Frauen. Das hat man sich am Rhein denn doch nicht getraut. Auf das Wagnis eingelassen, eine solche Veranstaltung erstmals in der Bundesrepublik auf die Beine zu stellen, hat sich mit Düsseldorfs Nowea immerhin eine der größten Messegesellschaften hierzulande. Doch selbst wenn bis Sonntag die angepeilten 50.000 Besucherinnen und Besucher tatsächlich in die drei Hallen und das Kongreß-Center strömen, bleibt das Unterfangen, so Projektleiter Fritz Otto Thielmann, in den roten Zahlen. Allein der Messebereich verschluckt zwei Millionen Mark, laufende Kosten nicht mitgerechnet.

Und Sponsorengelder sind keineswegs so üppig geflossen, wie anfänglich erhofft. Die Firmen hatten anderes im Kopf, bedauert Gebriele Zimmermann vom Rationalisierungskuratorium der Deutschen Wirtschaft (RKW) — Schule der Manager, Mitveranstalterin neben der Nowea und der Helga-Stödter-Stiftung zur Förderung von Frauen für Führungspositionen. Aufgenommen hätten die Unternehmen die Idee zwar ausnahmslos positiv, berichtet Zimmermann von ihren Erfahrungen beim Gang mit der Wünschelrute nach Geldquellen.

Aber es lagen Investitionen in den neuen Ländern an, und der Golfkrieg war damals ebenfalls ein Unsicherheitsfaktor für die Wirtschaft. Für 47 Frauen aus der Ex-DDR übernimmt die EG-Kommission in Brüssel die Kosten, damit sie am Symposium für Existenzgründerinnen teilnehmen können.

Vielleicht liegt es aber auch am Querbeet-Angebot, ist die verschwommene Zielgruppe Ursache dafür, daß gerade mal ein halbes Dutzend großer Unternehmen bei insgesamt 211 AusstellerInnen vertreten ist. Daimler-Benz gehört ebenso dazu wie Siemens-Nixdorf und Philips, und auch die Telekom hat ihr Ohr am Puls der Zeit. Gewerkschaften, Parteien, Verbände und lokale Initiativen sind eindeutig in der Mehrzahl.

An zwei Händen abzählen läßt sich die Zahl derer, die das günstige Angebot zu nutzen wissen: Auf den Forumsveranstaltungen im Messebereich nämlich können sich Unternehmen zwei Stunden lang von ihrer Schokoladenseite zeigen. Vorausgesetzt, sie sind bereit, 8.500 Mark für Miete und Technik und 25.000 Mark Sponsorbetrag auf den Tisch zu legen. RTLplus, 'Cosmopolitan‘, das 'handwerk magazin‘ oder auch Daimler-Benz machen dort mit.

Bei einem Kopiergeräteunternehmen bedurfte es sogar des Drucks der US-amerikanischen Mutter, sich zu engagieren. Nur die Automobilhersteller haben offenbar erkannt, daß sie Frauen als kaufkräftige Konsumentinnen nicht ignorieren dürfen. BMW, Mercedes-Benz, Volvo und VW sind mit von der Partie. Aus der Sicht der großen Banken scheint jedoch beim weiblichen Teil der Bevölkerung nichts zu holen zu sein. Einzig die Stadtsparkasse Düsseldorf, die mit Ute Boehmert schon seit Jahren eine Geldberaterin für Frauen hat, nutzt die Gunst der Stunde. Die übrige Finanzwelt jedenfalls glänzt durch Abwesenheit.

Oder sollte es etwa nichts geben, was sie an Frauenförderung vorzuzeigen hätte? Ist dies nur der Spiegel unserer Wirklichkeit Ende des 20.Jahrhunderts? Läuft im betrieblichen Alltag immer noch so wenig Nennenswertes, Frauen im Beruf ihren männlichen Kollegen gleichzustellen, wenn's um Gehalt, Aufstieg, Verantwortung und Entscheidungsmöglichkeiten geht? So manch einer zuckt sogar im entscheidenden Augenblick vor der eigenen Courage zurück.

Beispiel VW. Da hatten sich die Wolfsburger nun mit Gabriele Streckmeister eine Expertin als Frauenbeauftragte an Land gezogen. Dann jedoch wunderte man sich, daß sie Mißstände auch als solche bezeichnete und verändern wollte. Weil die Herren im Vorstand wenig Bereitschaft zur tatsächlichen Verbesserung der Situation von Frauen bei VW zeigten, schmiß Streckmeister kürzlich das Handtuch.

Ob der Sache aber mit einer Schau gedient ist, die leicht zu einer Mischung von Produktpräsentation, Kunsthandwerk und lokalen Fraueninitiativen geraten könnte, ist fraglich. Längst haben Fachmessen die Weltausstellung des vergangenen Jahrhunderts abgelöst. Profil ist gefragt, sonst verpufft die Wirkung. Auch in Düsseldorf muß sich mit Blick auf eine Top '93 zeigen, ob die angestrebte Vielfalt nicht einfach bloß viel ist.