Sieben Küsse für einen Meteoriten

■ Die Hadsch nach Mekka ist für viele Muslime die wichtigste Station im Leben

Mekka (taz) — Die Hadsch — die Wallfahrt nach Mekka — ist eine der wichtigsten Einrichtungen des Islam. Der schwarze Block, um den der Pilger in Mekka gehen muß, wird die Ka'aba genannt. In seiner Ecke ist ein schwarzer Meteorit eingebaut. Der Pilger muß die Ka'aba sieben Mal umrunden und dabei jedesmal den Stein küssen. Angeblich sagte Omar Ibn Al-Kahtab, der zweite Khalif über den Meteoriten, der schon in vorislamischer Zeit als Heiligtum verehrt wurde: „Ich weiß, daß dieser Stein weder nützlich noch schädlich ist und ich würde ihn nicht küssen, hätte ich nicht gesehen, daß der Prophet es tat.“

Nach den Umrundungen muß der Pilger zwischen zwei einige hundert Meter entfernt voneinander stehenden Hügeln, Al-Safa und Al-Marwa, ebenfalls siebenmal hin und her gehen. Die saudische Regierung ließ einen klimatisierten Tunnel zwischen ihnen bauen, der den Pilgern die rituelle Handlung bei der großen Hitze erleichtern sollte. Letztes Jahr, brach ein Teil dieses Tunnels zusammen. Etwa 400 Pilger wurden in dem anschließenden durch Panik ausgelösten Gedränge zerquetscht.

Die islamische Überlieferung sagt, daß Sarah, die erste Frau des Propheten Ibrahim (identisch mit dem biblischen Abraham, Anm. d. Red.) und Abrahams Sohn Ismail, der Urvater der Muslime, hier nach Wasser suchten. Die durstige Sarah erblickte eine Quelle auf dem Al-Safa-Hügel, aber diese entpuppte sich als Fata Morgana. Eine Quelle auf dem Al-Marwa-Hügel erwies sich ebenfalls als Täuschung. Der Überlieferung nach wanderte Sarah sieben Mal zwischen den beiden Hügeln hin und her, bis sie sich verzweifelt dem kleinen Jungen zuwandte. Der saß auf dem Boden und stocherte mit den Beinen im Sand herum. Plötzlich entsprang dort eine Quelle. Sie wird heute „Quelle von Zam zam“ genannt und ihr heiliges Wasser muß jeder Pilger trinken. Viele Pilger verlassen sie mit Flaschen voll heiligem Wasser für ihre Verwandten und Freunde. Der Spruch: „Möge Gott dir Zam-Zam-Wasser zu trinken geben“, gilt unter Muslimen als besonders gut gemeinter Wunsch.

Die sammeln dann 49 bohnengroße Steine, die sie anschließend auf eine Stelle werfen, von der sie annehmen, daß dort der Satan haust. Die Steinigung des Teufels soll der Steinigung der eigenen Sünden gleichkommen.

In der Nacht vor dem „Al-Eid“-Fest, dem Höhepunkt der Hadsch, erklimmt der Pilger den Arafah- Berg, von wo aus er Gott preist. Nach weiteren sieben Umrundungen der Ka'aba geht es in ein Tal namens Al- Minah. Dort opfert er ein Lamm. Das Fleisch darf er nicht selbst essen, sondern muß es im Sand zurücklassen, für die Armen und die Vögel. Ali M. Ramadan