■ Das wilde Zugpferd zweier Leben — Betty Stürmer und Ing-Marie Bergsten mit »Save the last waltz« in der Galerie Loulou Lasard

Zelda Fitzgerald, die exzessive Muse des New Yorker Jazz-Age, anmutige Exzentrikerin der »roaring twenties«, Zelda, die Erfinderin der Vergnügungssucht als Identität. Viele Bezeichnungen fallen ein in Anbetracht des aufreibenden Lebens der Zelda Fitzgerald, die den Herausgebern diverser Lexika nach dem Schriftsteller F. Scott und der Jazz-Legende Ella keiner Erwähnung wert ist.

Dieser heute in Vergesseneheit geratenen Frau sind die Rauminstallationen von Betty Stürmer und Ing-Marie Bergsten in der Galerie Loulou Lasard gewidmet. Zelda Fitzgerald kam 1920 aus Alabama nach New York, hungrig nach Ruhm und Reichtum, um sich zusammen mit ihrem Mann F. Scott Fitzgerald freizügig und hemmungslos in den Strudel der Schönen und Gesetzeslosen zu werfen. F. Scott gelang noch im gleichen Jahr der schriftstellerische Durchbruch mit seinem Roman »Diesseits vom Paradies«. Zeldas Tagebucheintragungen lieferten den Stoff.

Das Paar schockierte und amüsierte die High-Society durch nichtendenwollende Skandale, jedoch war es allein Zelda, die zur bewunderten Dadaistin des Benimms avancierte. Die nach außen strahlende Ehe der Fitzgeralds aber krankte bald: Während F. Scott immer größere Erfolge verbuchte, wurde Zelda auf ihr »Musensein« reduziert. Zelda wollte diese radikale Beschneidung ihrer Persönlichkeit durch Schreiben kompensieren, jedoch erschien alles unter F. Scotts Namen. Zelda zerbrach an dem Versuch, sich ihre eigene Identität aufzubauen und starb 1948 in einer Nervenheilanstalt irgendwo in Europa.

Stürmer und Bergsten sind beide seit Anfang der 80er tätig; die Schwedin Ing-Marie Bergsten stellte zwischen Uppsala und Paris aus, Betty Stürmer war in Berlin u.a beteiligt am Fischbüro, an Gründung und Performances der Guitar Monkeys und an der Künstlergruppe BOX.

Betty Stürmer, die den größten Teil der Recherchen getätigt hat, zeigt im vorderen Raum der Galerie symbolhafte Objekte. Eine glitzernde Badewanne, daneben eine mehr als zwei Meter hinaufstrebende Einkaufstasche mit Henkel, die sie als Parodien der extremen urbanen Beschäftigungen versteht: Kaufrausch, Sinnlichkeit im Champagnerbade und die Lust an der öffentlichen Pose.

Der hintere, von Ing-Marie Bergsten gestaltete Raum lädt ein zum »Gang durch die Seele«. Zwischen dem mit feuchter Erde und buschigem Gesträuch bedeckten Boden und einem bedrohlich durchhängenden Blätterdach verteilen sich die bizarr-gegenständlich anmutenden Objekte: Ländliche Gerätschaften sind mit Geschirrtüchern und riesigen zeitdokumentarischen Negativen behängt, neben Erdig- naturhaftem finden sich die Attribute der femme fatale. Während sich Betty Stürmer durch hochprozentiges Ironisieren Distanz verschafft, trifft Ing-Marie Bergsten das Zentrum der Sinnlichkeit, schafft eine fast schmerzhafte intime Nähe zur schillernden Person Zeldas. So entsteht in Wahrheit eine Ausstellung von drei Künstlerinnen, die sich auf die Losung »Leben kann Kunst sein — wenn ich es will« geeinigt haben. Inke Arns/ Foto: Uwe Arens

Bis 28. Juni, Crellestr. 42a, 1-62, Di-Fr 15-19 Uhr